09.01.17

Blindeninstitut Rückersdorf

In Rückersdorf gibt es gegenüber des Bahnhofs das Gelände des Blindeninstituts am Dachsberg.
Der Dachsberg, Namensgeber der Schule, ist ein sanfter Hügel am rechten Ufer der Pegnitz. Wie der gesamte Reichswald, an dessen Rand er liegt, ist er überwiegend mit Fichten bewachsen. Als Ergebnis eines Architektenwettbewerbs entstand auf dem fünf Hektar großen parkartigen Gelände eine großzügige, architektonisch reizvolle Einrichtung. Der Dachsberg wurde zum Synonym für das Blindeninstitut Rückersdorf. 
Ab und zu gibt es dort kulturelle Veranstaltungen und im Gelände ist ein Skulpturenweg eingerichtet.

Mir ist dieses Gelände vertraut, da ich als Kind in den 50-er Jahren dorthin von der Stadt Nürnberg "zur Erholung" geschickt wurde.
Es freut mich sehr, dass das Hauptgebäude mit Anbau erhalten blieb und gut restauriert wurde.
Am Eingang kann man eine interessante Inschrift entdecken:


An der Wand daneben ist noch folgendes Schild angebracht:


Um 1900 herum gab es endlich größere Bemühungen, die "Volksseuche" Tuberkulose zu bekämpfen.

Zitat : Der Anfang der planmäßigen Bekämpfung der Lungentuberkulose als Volkskrankheit in Mittelfranken fällt in das Jahr 1896.
Im März jenes Jahres nämlich gründete sich unter Führung des Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg, des K. Geheimen Hofrates Dr. von Schuh, und unter Mitwirkung verdienstvoller Männer der „Heilstättenverein Nürnberg“, der sich die Errichtung und den Betrieb für Lungenkranke aus dem Volke zur Aufgabe setzte. Seinen Bemühungen gelang es, zu Engelthal, B.-U. Hersbruck, eine Heilsstätte für erkrankte Männer ins Leben zu rufen und im Jahre 1900 ihrem Zwecke zuzuführen.
Zehn Jahre später entstand zu Nürnberg der „Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose“ dessen Protektorat im Jahre 1908 seine königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern übernahm.

Die von diesem Vereine auf unsere Anregung geschaffene Auskunfts- und Fürsorgestelle für Lungenkranke unter Leitung des K. Hofrates Dr. Flatau und des praktischen Arztes Dr. A. Frankenburger entwickelt eine ebenso ausgedehnte wie ersprießliche Tätigkeit.
Zugute kommt ihm dabei die hochherzige Stiftung des K. Kommerzienrates Schramm in Nürnberg, der dem Vereine eine groß angelegte, von Männern wie Frauen besuchte Walderholungsstätte in der Nähe von Rückersdorf, B.-U. Lauf, zu Eigentum überwies.
Durch Angliederung einer Abteilung für Kinder mit Waldschule soll einem mehrfach gefühlten Bedürfnisse abgeholfen werden.


Auf alten Postkarten kann man ganz gut den damaligen Zustand diese Heilstätte sehen:



In meinen Recherchen zu einigen Namen kam ich auf eine sehr ernste Geschichte, die den oben erwähnten Dr.Alexander Frankenburger betrifft: Notiz "Haus der Bayerischen Geschichte"

Sohn des Nürnberger Arztes -> W. Flatau. Mit diesem zusammen 1906 Gründung des Vereins zur Bekämpfung der Tuberkulose. 1913-33 Errichtung und Leitung der Beobachtungstelle für Lungenkranke in Nürnberg. Rege Aufklärungstätigkeit unter der Bevölkerung über die sozialhygienischen Ursachen der Tuberkulose; Engagement weit über Nürnberg hinaus. 
Unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wird ihm als "jüdischem Arzt" weiteres Engagement verwehrt. Kurz nach der Pogromnacht vom 9./10.11. 1938 begeht er gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard Selbstmord.

Ich weiß nun nicht ob dieser Dr. Frankenburger auf dem Fries abgebildet ist, welches das Haus in Rückersdorf schmückt:

Erst in den 80er und 90er Jahren waren bei den ärztlichen Standesvertretern der Bundesrepublik Bestrebungen in Gange, diesen Nazi-Terror gegen jüdische Ärzte im Dritten Reich umfassender aufzuklären und aufzuarbeiten. (Siehe Vortrag Dr. Horst Seithe)

Zu Vorgängen in der sogenannten Reichskristallnacht Artikel: Tag der Schande

Eine Schande neuerer Zeit war dann schließlich noch der Abbruch des Dr. Frankenburger Hauses (sein ehemaliges Sanatorium) in der Nürnberger Nordstadt. 
Gerade die Stadt Nürnberg hätte das Interesse daran haben müssen, dieses Haus zu erhalten. In nächster Zeit schau ich dort mal vorbei, ob wenigstens eine Tafel zum Gedenken an diesen verdienstvollen jüdischen Arzt vorhanden ist.
Hier noch ein Zeitungsartikel 

01.01.17

Westfriedhof Katastrophe

Ein Gedenkmal fiel mir noch auf:


Die Inschrift lautet: Den im Weltkrieg gefallenen Söhnen der Stadt ....
Erst dachte ich mir: " Sauber, da spricht man von Söhnen. Und wo sind die Töchter, die Kinder, die Mehrzahl der zivilen Opfer ?"
Doch der Zusammenhang stellt sich noch etwas komplizierter dar ...
In der Darstellung handelt es sich um "Die trauernde Noris" . Diese Figur war in den 20-er Jahren aufgestellt beim Rathenauplatz im Gedenken an die Gefallenen des 1.Weltkriegs. 1934 wurde sie von den Nazis in den Westfriedhof verbannt. Es ist zu vermuten, dass die unheroische Darstellung der Trauernden den Kriegstreibern nicht passte.
Hierzu fand ich einen interessanten Artikel auf der rijo-homepage:
(in dem die Noris auch erwähnt wird)


Der Schöpfer der Bronzefigur ist ein gebürtiger Schwabacher: Phillip Kittler 
Er hat eine recht große Anzahl von Bronzen und Steinplastiken im öffentlichen Raum geschaffen.

Hier ist noch ein interessanter Zeitungsartikel über Kittler zu finden.
Und hier kann man einen Artikel über die Geschichte der Bronzegießerei Lenz nachlesen, welche die meisten Bronzekunstwerke im öffentlichen Raum Nürnbergs herstellte ...

Westfriedhof Unglücke 2

Ein großes Grabmal mit einer etwas verblassten Inschrift fiel mir auch auf:



Es handelte sich um eine Explosion in der Bleistiftfabrik Staedler-Mars am 25. April 1929 in der Riederstrasse. Es müssen sich schreckliche Szenen abgespielt haben, die mich an den Brand des Ringkaufhauses am 17.Januar 1962 erinnern. Ich war damals 14 Jahre alt und kann mich noch recht gut an die damalige Stimmung erinnern: Erschütterung, Trauer und Wut ( auf den Betreiber des brennenden Lagers Kaufhof AG wg. verstellter Notausgängen)
Die Opfer wurden übrigens am Südfriedhof beigesetzt....

Westfriedhof Unglücke 1

Diese Grabstätte fiel mir auf, da sie eine seltsame Gestaltungsidee zeigte:


Einem alten Grabmal wurden in neuerer Zeit Tafeln vorgesetzt, die einen gelaserten Spruch zeigten:


Erst wenn man hinter diese Tafeln auf die Inschrift schaut, kann sich erschließen, wer hier begraben liegt:


Warum man dieses Grab auf diese Art veränderte, erschließt sich mir nicht ganz. Der Ursprungszustand sah 2010 noch so aus:

Hätte man dieses Grab nicht einfach vom Moos befreien können und zum Gedenken einfach die Inschrift etwas aufpolieren können ? Die vorgesetzten Tafeln werden dem schrecklichen Ereignis nicht gerecht - meiner Meinung nach !  .... und der Firmenname wird versteckt (Absicht ? )

Westfriedhof Krematorium

Der Westfriedhof umfasst knapp 40 Hektar Fläche und 38.000 Gräber. Er wurde 1880 als „Centralfriedhof“ eröffnet, nachdem die Fläche der kleinen kirchlichen Friedhöfe nicht mehr ausreichte, und 1904 in „Westfriedhof“ umbenannt. Er beherbergt das Krematorium, das bei der Errichtung bis 1913 die erste bayerische Einrichtung zur Feuerbestattung war.
Mein Bezug zu diesem Friedhof besteht dadurch, dass sich dort mal eine Grabstätte der Familie befand.
Das Krematorium wurde von der Stadt Nürnberg gegen die Auflagen der bayerischen Regierung errichtet, die strikt gegen Feuerbestattungen war ...
Konstruiert wurde das Gebäude als Gedächtnishalle mit Feuerbestattungsanlage (im Untergeschoss) vom Architekten Küffner, der beim Bauamt angestellt war - Er entwarf übrigens auch die Jugendstilperle Volksbad am Plärrer !
Man kann an dem Gebäude im Westfriedhof auch einige Elemente des Jugendstils entdecken ....