Bei einem Corona-Spaziergang von der Sternwarte Nürnberg auf den Rechenberg kam ich auf dem "Philosophenweg" mal wieder an diesem wuchtigen Steinmal vorbei:
Geboren in Landshut begann er 1823 in Heidelberg mit dem Studium der Theologie, das er jedoch bald abgebrochen hat. Die Argumentation der Theologen erschien ihm bereits damals zu widersprüchlich. Danach absolvierte er ein zweijähriges Philosophiestudium in Berlin – hauptsächlich bei seinem Mentor Hegel – und danach Botanik, Anatomie und Physiologie in Erlangen. 1828 promovierte er mit der Arbeit „Über die eine, universelle und unendliche Vernunft“ und wurde Privatdozent.
In dieser Zeit entstand seine satirische Schrift „Gedanken über Tod und Unsterblichkeit“, die sofort konfisziert wurde. Diesen Angriff auf die Kirche bezahlte Ludwig Feuerbach mit dem Ende seiner akademischen Laufbahn.
Er heiratet 1837 und lebt auf Schloss Bruckberg bei Ansbach. 1841 erscheint sein Hauptwerk „Das Wesen des Christentums“. Mit diesem Werk profiliert er sich als Religionskritiker. Das Werk, ursprünglich nur für einen kleinen Leserkreis gedacht, verbreitet sich schnell und macht den Philosophen in Deutschland sehr bekannt. Doch Feuerbach spürte bald den wachsenden Druck der kirchlicher Kräfte. In dem Vorwort zur zweiten Auflage schreibt er u.a.: „Ich habe es mit dieser Schrift mit Gott und der Welt verdorben. Ich habe die „ruchlose Frechheit“ gehabt schon in dem Vorwort auszusprechen, dass auch das Christentum seine klassischen Zeiten gehabt habe und nur das Wahre, das Große, das Klassische würdig sei gedacht zu werden. Das Unwahre, Kleine, Unklassische aber vor das Forum der Satire oder Komik gehöre.“
Feuerbachs Religionskritik wurde von den revolutionären Bewegungen der damaligen Zeit begeistert, aber auch kritisch aufgenommen. Karl Marx las „Das Wesen des Christentums“ und sah darin Ansätze seiner eigenen Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Allerdings kritisierte er, dass Feuerbach zu sehr das einzelne Individuum und zu wenig die Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Gedanken stellte.
In einem Brief von 1851 äußert sich Feuerbach über Bruckberg so:
"Bruckberg ist ein kleines, in einem anmutigen, aber beschränkten, von Wäldern und Äckern umgrenzten Wiesental gelegenes Dörfchen, das aber den großen Vorteil hat, daß hier kein Pfarrer und keine Kirche ist. Die hiesige Kirche oder das Kirchlein hat zu Ende des vorigen Jahrhunderts der Blitz vernichtet. Das Gebäude, worin ich lebe und schaffe, ist ehemaliges markgräfliches Jagdschloß, seit Ende des vorigen Jahrhunderts und noch jetzt eine Porzellanfabrik, deren Besitzer drei noch lebende Schwestern sind, von denen eine meine Frau, deren oberster Lenker und Leiter mein Schwager ist. Die Fabrik ist leider höchst ungünstig gelegen und schwer belastet, ihr Betrieb höchst kostspielig, ihr Ertrag äußerst geringfügig, .... - sehr prekär. Den fast einzigen Vorteil, den ich von ihr habe, ist Holz und freie, weil eigene Wohnung. Diese schöne und geräumige, zum Studieren und Denken trefflich geeignete Wohnung ist es auch, die mich hauptsächlich an Bruckberg fesselt."
Über diese Zeit hat der Verein eine schöne Seite gestaltet.
Nun weiß man, dass Feuerbach sich der Aufforderung des jüngeren Marx entzog, politisch tätig zu werden. Engels wird Feuerbach in den späten achtziger Jahren besonders dafür rügen und nennt ihn einen Provinzler, der sich, als es darauf angekommen sei, aufs Land zurückgezogen habe, statt politisch aktiv zu werden. Aber dies ist nur die halbe Wahrheit. Richtig ist, dass Feuerbach, der seit dem Erscheinen seiner Schrift: „Gedanken über Tod und Unsterblichkeit“ im Jahr 1830 mit einem indirekten Berufsverbot behaftet war, im Revolutionsjahr 1848 die Hoffnung auf eine Professur längst aufgegeben hatte und zurückgezogen mit seiner Familie im Bruckberger Schloß, dem Familiensitz seiner Frau Berta Löw, die Existenz eines Privatgelehrten führte. Man lebte von einer bescheidenen Pension und von den Erträgen der schwiegerelterlichen Porzellanmanufaktur, bis diese bankrott ging.
Im Bruckberger Schloss scheint mehrere Jahre ein so reges Gehen und Kommen von Freunden, Gesinnungsgenossen und Bewunderern geherrscht zu haben, dass es die Aufmerksamkeit der Behörden erregte. Bruckberg sei, so heißt es in einem Polizeibericht, ein „fataler Herd der Demokratie und Irreligiosität“, und man vermute, dass dort „politische Verbrecher Aufnahme und Verbergung finden“. Im Ort wurde eigens eine Gendarmeriestation eingerichtet, um die Bewohner der Porzellanfabrik besser überwachen zu können. Mehr als Landpartien in Orte der näheren Umgebung konnte man freilich der munteren Gesellschaft im Schloss nicht nachweisen.
Nach der Pleite der Fabrik 1859 mussten sie ausziehen. Feuerbach und seine Frau verloren nicht nur alle investierten Ersparnisse, sondern auch Wohnrecht und Naturaliennutzung. Nach mühsamer Suche fand sich ein als Sommerwohnsitz konzipiertes Haus im kleinen Ort Rechenberg damals noch vor den Toren Nürnbergs gelegen. Freunde aus der 1848-er Revolutionszeit bezahlten den Umzug und sammelten Spenden, die so reichlich flossen, dass Feuerbach nach einiger Zeit selbst um Einstellung der Sammlung bat. Von 1862 an erhielt er eine regelmäßig erneuerte Ehrengabe der eben geschaffenen Schillerstiftung, außerdem zwei Leibrenten: die eine von Ludwig Bamberger, der im französischen Exil zum einflussreichen Bankier aufgestiegen war, die andere vom Nürnberger Industriemagnaten Theodor von Cramer-Klett.
Die neue Unterkunft fand er am Fuß des Rechenbergs in diesem Gebäude:
Damals gehörte die Gegend noch nicht zu Nürnberg und war bei weitem nicht so besiedelt wie heute:
Das Haus bot freilich längst nicht die Ruhe und Idylle von Bruckberg, Feuerbach litt schwer unter dem Verlust seines „Musensitzes“ und fand auch nicht zur früheren Arbeitsfähigkeit zurück. Er rang sich dennoch eine Reihe kürzerer Texte ab, darunter die bedeutende Abhandlung Über Spiritualismus und Materialismus, besonders in Beziehung auf die Willensfreiheit.
1867 erlitt er einen leichten Schlaganfall, von dem er sich, vom freigeistigen Bergbauern Konrad Deubler eingeladen, im österreichischen Salzkammergut erholte. Im Frühjahr und Frühsommer 1868 begann er ein neues Buch über Moral und Willensfreiheit, doch im Sommer brach er die Arbeit daran ab. Am 20. Juli 1870 – am Vortag war der Deutsch-Französische Krieg erklärt worden – traf ihn ein zweiter, schwerer Schlaganfall, der sein geistiges Vermögen völlig zerstörte. Nur sehr beschränkt kontaktfähig, lebte Feuerbach noch etwas mehr als zwei Jahre. Am 13. September 1872 erlag er einer Lungenentzündung.
1869 war Feuerbach in die kurz zuvor von Wilhelm Liebknecht und August Bebel gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) eingetreten. Um den Jahreswechsel 1871/72 rief eine der Partei nahestehende Zeitung dazu auf, für den angeblich verarmten Philosophen Geld zu sammeln. Zahlreiche andere Zeitungen übernahmen den Aufruf. Wenige Wochen später rief auch die auflagenstarke Familienzeitschrift Die Gartenlaube am Ende eines doppelseitigen Artikels über Feuerbach zu einem „Nationaldank“ auf. Die Spenden flossen so reichlich, dass für Frau und Tochter, um deren Zukunft Feuerbach gebangt hatte, ein bescheidenes, aber lebenslanges Auskommen gesichert war. Am Begräbnis auf dem Nürnberger Johannisfriedhof nahm eine, wie es in Zeitungsberichten hieß, „unübersehbare“ Menschenmenge teil: Neben zahlreichen bürgerlichen Vereinigungen hatte auch die mitgliederstarke Nürnberger Sektion der SDAP zur Massenkundgebung aufgerufen. Theodor von Cramer-Klett stiftete das Grabmal.
Ein Hauptmotiv zieht sich vor allem durch die philosophiegeschichtlichen Arbeiten sehr deutlich , nämlich die zwiespältige Stellung der Natur in der abendländischen Philosophie seit Descartes. Die Art und Weise, wie die Philosophen der Neuzeit der Natur begegneten und sie in ihre Denksysteme einordneten, empfand er als dualistisch, als gewaltsamen Bruch: Weil bei ihnen immer der Geist das eigentliche Sein, also das Primäre ist, die Materie hingegen bloß sekundäres, uneigentliches Sein, wird die Natur abgewertet. Dieser Dualismus beginnt mit Descartes, für den die Materie lediglich das „Ausgedehnte“ war, und zieht sich – wenngleich in subtilerer Form – bis hin zu Hegel. Dieser Geringschätzung der Natur steht Feuerbachs persönliches und ästhetisches Erleben entgegen: Er erfährt sie als überwältigende „Herrlichkeit“; sie hat eigene „Qualität“, ja Autorität, auf die das Denken zu antworten hat. Dieses Hauptmotiv tritt bereits in der Geschichte der neuern Philosophie in vielfältiger Weise hervor: Anders als in der Hegelschule üblich, ließ Feuerbach die Philosophie der Neuzeit nicht mit Descartes, sondern mit Francis Bacon beginnen; er begründete dies damit, dass Bacon das systematisch gesammelte Erfahrungswissen, also die Naturwissenschaften, zur „Grundlage alles Wissens“ erhoben habe.
Das Stückchen Grün dort oben am Rechenberg passt dazu. Noch schöner ist es am Platnersberg. Doch davon ein andermal .....
Der Vorstadtverein Jobst hat am Philosophenweg noch diese Tafel angebracht: