12.08.21

Der Irrhain

 Vor Kurzem war ich mal wieder im Irrhain bei Kraftshof. Der Zustand erschien mir sehr gepflegt: Die Wege gekiest, Bruchäste aufgeräumt und keine Anzeichen von Vandalismus. Die Bilder dieses kurzen Films ähneln meinen Eindrücken. Ich hatte erst Mühe, den Weg zum Irrhain zu finden. Man muss sich aber nur am Friedhof orientieren:

Eine Wanderbeschreibung liefert noch einen anderen Plan des Umfeld


Das Eingangsportal zeigt 3 Jahreszahlen.



1644 gründete sich der Pegnesische Blumenorden
1676 wurde das Areal gepachtet
1894 wurde das Tor errichtet

Nach Informationen von dieser Seite: Der Pegnesische Blumenorden, ursprünglich als "Löblicher Hirten- und Blumen-Orden an der Pegnitz" gegründet, besteht noch heute als Verein zur Pflege der deutschen Sprache und Dichtkunst. Seine Entstehung durch den Patrizier Georg Philipp Harsdörfer und Mitbegründer Johannes Klaj, ist auf das Jahr 1644 datiert. Anfangs trafen sich die Dichter im Poetenwäldchen an der Pegnitz, nahe dem heutigen Westbad. Durch einen Zaun um diesen Versammlungsort wurden sie jedoch vom Eigentümer dort ausgesperrt. Nach dem Tod Harsdörfers 1658, übernahm Sigmund von Birken die Leitung des Ordens, der sich der Schäferpoesie widmete und die Pflege und Reinigung der deutschen Sprache vertrat.

Der erste Pfarrer von Kraftshof im 17. Jh., Martin Limburger, 1656 zum kaiserlichen Dichter gekrönt, legte den Irrhain gemeinsam mit den Gärtnern Georg Schwarz und Andreas Ingolstädter 1681 in der Nähe seiner Pfarrgemeinde an. Fortan trafen sich die Mitglieder des Pegnesischen Blumenordens in ihren Lern- und Lustgarten im Knoblauchsland. Durch einen Ratsverlass im Jahr 1681, erhielt die Gemeinschaft ein immerwährendes Nutzungsrecht des Irrhains. Die damalige jährliche Pacht in Höhe von einem Gulden, entsprach in etwa dem entgangenen Holzertrag. 

Der heutige Präses der Vereinigung , Werner Kügel, hat in 30 jähriger Arbeit in 5 Büchern seine Archivstudien über die Geschichte und Gedichte des Pegnesischen Blumenordens veröffentlicht. Sie liegen  teilweise sogar als Internetfassung vor. Interessant finde ich seine Nachkriegsrecherchen über das Grundstück. So z.B. über Der Irrhain als Ruinengrundstück oder Fortgesetzte Irrhainmühen

Der Irrhain war ja mal eine barocke Anlage mit Hecken und verschlungenen Wegen:



Bereits 1980 wollte die Stadtverwaltung den Irrhain nach altem Vorbild restaurieren. Das Gartenbauamt sollte die barocke Anlage aus dem Dornröschenschlaf wecken und 3.000 Quadratmeter Wildwuchs beseitigen. Auch eine kleine Bühne sollte rekonstruiert werden. Eine halbe Million Mark hätte das Vorhaben gekostet.

Doch das Unterfangen scheiterte am Veto des Landratsamts Erlangen-Höchstadt, auf dessen Territorium ein Großteil des Wäldchens liegt. Begründet wurde dies mit seltenen Tieren und Pflanzen die sich auf dem Areal angesiedelt hatten. Der damalige Präsident des Blumenordens, Friedrich von Herford, schimpfte gegenüber den "Nürnberger Nachrichten": "Die Entscheidung des Naturschutzbeirats ist völlig unverständlich und geht an den Wünschen und Bedürfnissen weiter Bevölkerungsschichten vorbei." Auch Nürnbergs einstiger Rechtsreferent, Richard Sauber, konnte sich mit der Ablehnung nicht anfreunden: "Das Ökologiebewusstsein ist eine Modeerscheinung, die sicher genauso schnell wieder abflaut, wie sie entstanden ist."

Der Rechtsreferent irrte, die Klagen verhallten. Lediglich die Eingangspforte sowie die Gedenksteine erhielten eine Schutzschicht, die weiterem Verfall vorbeugen sollte. Ferner verlor die Anlage 1989 durch Windbruch einige alte Bäume, was den Gebüschbewuchs begünstigte. Der Pegnesische Blumenorden indes gibt die Hoffnung nicht auf, das in Bayern einzigartige Denkmal wieder ansehnlicher zu gestalten. Doch dies wird schwierig, da sich zwischenzeitlich der vom Aussterben bedrohte Eremit-Käfer in den Bäumen eingenistet hat. Laut einer EU-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat) darf jetzt nicht einmal mehr Totholz entfernt werden.

Der Sturm Wiebke hatte 1990 auf dem Grundstück zu weiteren großen Schäden geführt:

Es sah dann sogar so aus, dass dort keine Veranstaltungen mehr stattfinden durften. Wenn man heute in das Veranstaltungsverzeichnis schaut, scheinen Kompromisse gefunden worden zu sein.

Mir gefällt der heutige Zustand zwischen Pflege und Verwilderung sehr.








Weitere Bilder hier 

Und die Welt ist klein: Ein anderer Ort, der mir immer sehr gefallen hat, Rockenbrunn hat auch was mit jenem Orden der Pegnesen zu tun: 
Schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts war Rockenbrunn höchst beliebter Treffpunkt der Mitglieder des sogenannten "Pegnesischen Blumenordens" einer nach dem dreißigjährigen Krieg gegründeten Sprachgesellschaft der Reichsstadt Nürnberg, die sich in ihrer zweiten Gründungsphase unter Sigmund v. Birken und Martin Limburger um die Erhaltung deutscher Sprache und Dichtkunst im Sinne barocker Schäferromantik bemühte. Der Rockenbrunner Brunnenhof des Mitglieds und "Musenfreundes" Georg Sigmund Fürer v. Haimendorfs, eingebettet in die wildromantische Kulisse des umgebenden Eichenwaldes am Fuß des Moritzberges, galt den Poeten als "Heiligtum Bacchus und der Musen", ideal als Kulisse für Schäferspiele und zur dichterischen Inspiration.