29.11.24

Hermann Holzhauser

 Hermann Holzhauser, der Mann unserer ehemaligen Vermieterin Erika, ist nun schon seit fast 15 Jahren verstorben. Seine letzten 2 Jahre waren nicht so schön für ihn (Pflegefall zu Hause). Er hatte aber ein sehr erfülltes Leben. Als ich ihn 1980 kennenlernte, war er noch Teilhaber und Geschäftsführer der Firma Meusel und Beck (damals in der Nähe des Südausgangs Hbf Nürnberg). 1974 hat er Anteile der Firma übernommen und aus einer Klitsche mit viel kollegialer Eigenarbeit ein ansehnliches Geschäft gemacht:


Eine seiner Lieben war die Segelfliegerei. Die Anfänge waren im 3.Reich als die Nazis in der vormilitärischen Ausbildung Jungs zum Fliegen bringen wollten. Hermann war 15 Jahre alt und am Hainberg gab es die ersten Flugversuche.




Es ging dann am Hesselberg vormilitärisch weiter. Aber sie hatten dort auch eine Gruppe, die Segelfliegen betrieb.

1944

1945 war er bei den Fallschirmjägern, hatte aber zum Glück keinen Einsatz mehr.


Nach dem Krieg war es dann mit der Fliegerei vorbei. Auch Segelfliegen war von den Alliierten verboten. Er und seine Kumpel aus der Cumulusgruppe verlegten sich aufs Modellbauen. In der Kleingartenanlage "Land in Sonne" entstand so :


Erst 1951 war das Segelfliegen wieder erlaubt. Hier eine Geschichte aus der Frankfurter Gegend. Heimlich hat man sich aber in der Gartenkolonie daran gemacht etwas Größeres zu konstruieren. Und so konnte man gleich nach Freigabe am Humbsersportplatz oder auf der Hard etwas fliegen.

1941 Humbserspielplatz

1952 Hardhöhe

In der Folgezeit war Hermann dann Mitglied im Aero Club Nürnberg und flog noch bis zum 70. Lebensjahr in Ottmannsberg.

1993

Aber das genügte nicht: Teneriffa, Spanien, und  St.Bernadino  waren neben langen Dreiecksflügen bis nach Frankreich Stationen. Unvergesslich seine Erzählung über seinen "Wellenflug" über dem Mont-Blanc-Massiv !



Mont Blanc

Zu meinem 50. Geburtstag (1997) hat er mir einen Segelflug in Ottmansberg spendiert ....

Nach seiner aktiveren Zeit als Segelflieger beschäftigte er sich sehr intensiv und kreativ mit der Konstruktion von Federfliegern.

In der Turnhalle Unterfarrnbach hat er 1987 für meine damalige Klasse einige seiner Modelle vorgestellt und fliegen lassen.


Durch seine fliegerischen Kenntnisse gelang es ihm, immer "verrücktere Modelle" zu konstruieren, die durch ihre Gummimotoren manchmal recht gewagte, meist aber gut geplante Flugmanöver vollführten.



Er war deutschlandweit zu Ausstellungen und Vorführungen unterwegs. Meist mit der Bahn. Dafür hat er aus Pappe ein ausgeklügeltes Verwahr- und Transportsystem entwickelt. Für seine Flugshows hat er eine "Aufzieh-drill-maschine" aus einem Uhrwerk gebaut. Außerdem eine "Abschussrampe" für Massenstarts.




Lufthansa und verschiedene TV-Sender haben ihn eingeladen. In Zürich war er an der Kunstakademie. In der Vacher Turnhalle wurde für den BR noch ein phantastischer Film über seine Federleichten gedreht. Ich half ihm bei seiner letzten Veranstaltung im Theater Mummpitz (2008?) und konnte feststellen, dass er langsam schwächelte. 
Nach seiner Krankheit und seinem Tod war Erika nicht sicher, was sie mit seinen genialen Konstruktionen machen sollte. Einige Modelle sind ja auf der Wasserkuppe, im Deutschen Museum und anderswo ausgestellt. Was hätte Hermann gewollt ? Sie fand in seiner Werkstatt einen Zettel mit "Nachfolger Kügelschen". Und dann fiel es ihr ein: 2006 waren sie bei Bonn zu einer Vorführung anlässlich des 50.Geburtstags eines Unternehmers eingeladen. Das war Michael Kügelgen, der damals recht begeistert von den Konstruktionen war. Lag auch daran, weil er selbst Erfinder und Konstrukteur ist.

Der Diplom-Ingenieur Michael Kügelgen ist Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Mk Technology. Der gebürtige Kölner ist eigentlich Flugzeugbauer. Schon als Kind interessierte er sich fürs Drachenfliegen und Modellflugzeuge.Als Maschinenbau-Student war er Eigentümer eines Flugzeugs, das er 28 Jahre lang flog, bis 2010. Nach Studienabschluss entwickelte Kügelgen Drohnen und Flugzeuge – auch für die militärische Nutzung.Im Jahr 1993 gab der zu dieser Zeit 38-Jährige den Drohnenbau auf und machte sich mit der MK Technolgy GmbH Grafschaft Gelsdorf selbstständig. Später sagte er, dass er mit dem Thema Drohnen einfach zu früh war. In einem Hangar auf dem Firmengelände in der Grafschaft steht Kügelgens Hubschrauber, den er für Geschäftsreisen nutzt, aber auch dazu, dringend benötigte Ersatzteile für die Anlagen seiner Kunden zu liefern. 

Erika nahm Kontakt mit ihm auf. Er kam vorbei und die Übereinkunft war, dass er gegen eine Kirchenspende den Großteil der Federflieger bekommen soll. Außerdem war versprochen, dass sie präsentiert werden sollen. Und so kam es:
An den Wänden einer Halle hat er Drohnen aufgehängt. Und in einer Vitrine bewahrt er aus Vogelfedern gebaute Flugobjekte auf. Daneben interessiert sich der Ingenieur für Fahrzeug-Oldtimer. Ein schwimmender Amphibienwagen und drei weitere Wagen stehen in der Grafschaft.

Ich glaube Hermann wäre es recht gewesen. Einen echten Nachfolger für seine Flugshows hätte es wahrscheinlich nicht gegeben, denn er war Original und in seiner Kreativität sehr eigen ...



Nicht vergessen kann ich seine weiteren Lieben. Erika gibt es - noch (87)

Die Naturfotografie


Seine Gewächshäuser


Seine Pflanzendrucke

Geschenk zum Einzug

Und andere Kunst




Ich vermisse  die philosophischen Gespräche, die ich mit ihm auf dem Gartenbänkle geführt habe, wenn ich ihn mal in der Hardstraße besucht habe ...





19.09.24

Nicholas Winton

 Auf meinem smartphone hab ich diesen Film gespeichert:

Erst jetzt hab ich noch etwas recherchiert.

Nicholas Winton  (1909 - 2015) war ein Börsenmakler, der in West Hampstead in London geboren wurde. Seine Eltern waren deutsch-jüdischer Abstammung, entschieden sich aber dafür, ihren Sohn in der anglikanischen Kirche taufen zu lassen. Zwischen Dezember 1938 und September 1939 arbeitete Winton mit Freunden und Kollegen in Prag und London zusammen, um den Transport und die Aufnahme von Kindern zu organisieren, die durch die nationalsozialistischen Rassengesetze bedroht waren, die in der Tschechoslowakei nach dem deutschen Einmarsch vom März 1939 galten.

Winton wurde von seinem Freund Martin Blake, einem Lehrer an der Westminster School und Mitglied des britischen Komitees für Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei, gebeten, nach Prag zu kommen. Blake stellte Winton Doreen Wariner vor, die Winton die überfüllten Flüchtlingslager zeigte. Von seinem Hotelzimmer aus - oft hörte er sich Petitionen an, während er sich rasierte - sammelte Winton Anträge. Er kehrte mit den Namen der Kinder nach London zurück und verbrachte seine Abende und Wochenenden damit, Geld zu sammeln und Pflegeeltern zu gewinnen. Er war der Meinung, dass die Zeit knapp wurde, bevor die Nazis in die Tschechoslowakei einfielen und das Münchner Abkommen vom September 1938 brachen.

Der erste Transport von Kindern aus Prag startete am 14. März 1939 auf dem Luftweg, nur einen Tag bevor das Dritte Reich in die Tschechoslowakei einmarschierte, die tschechischen Länder in Deutschland eingliederte und einen slowakischen Marionettenstaat schuf. Zwischen März und August organisierten Winton und seine Kollegen weitere sieben Transporte mit der Bahn. Der letzte Transport verließ Prag am 2. August 1939, einen Monat vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

Wintons Werk war bis in die späten 1980er Jahre weitgehend unbekannt, bis seine Frau Grete ein Sammelalbum mit Angaben zu 669 Kindern fand, denen er geholfen hatte. 1988 stellte eine Folge der BBC-Magazinsendung That´s Live Winton der britischen Öffentlichkeit sowie einigen der Menschen vor, denen er geholfen hatte. Winton wurde 2002 für seine Verdienste um die Menschheit zum Ritter geschlagen. Auf die Frage, warum er so viele Menschen gerettet habe, erklärte er, dass einfach etwas getan werden musste. Er zitierte die Worte, die Doreen Wariner 1938 in Prag an ihn richtete: „Schauen Sie, wenn etwas getan werden kann, möchten Sie es vielleicht versuchen und tun.“ Winton starb 2015 im Alter von 106 Jahren.

Er war der britische Schindler


Rund 6.000 Menschen bilden mittlerweile die welt­weite „Winton-Familie“, Nachfahren der 669 jüdi­schen Kinder, die der britische Staatsbürger Nicholas Winton (Bild) kurz vor Ausbruch des Zweiten Welt­kriegs vor deutschen Nationalsozialisten rettete. De­tails berichtete seine Tochter Barbara in ihrem Buch „Wenn etwas nicht unmöglich ist…“, das am 19. Mai 2014, auf den Tag an Wintons 105. Geburtstag er­schien. Der englische Titel „If it’s Not Impossible…“ war die Hälfte von Wintons Lebensmotto, das so weiterging: „…then there must be a way to do it“. Winton starb 2015 im biblischen Alter von 106 Jahren, und wie Tochter Barbara Ende Oktober 2016 vor tschechischen Oberschülern in Olomouc berichtete, hatte sie sich mit der Niederschrift sehr beeilen müssen, damit ihr Vater das fertige Werk, immerhin die Schilderung von „The Life of Sir Nicholas Winton“, noch lesen konnte. Er tat es und bekundete, das Buch gefiele ihm.

Ausführliche Würdigung hier ....


mit 105

mit gerettetem Kind


15.09.24

Skulpturen in Ansbach 3

 Es gibt auf dem Weg noch einige ältere Monumente mit historischem Bezug.

Die unbekannte Schöne im Barockgärtchen beim Flötenspieler - wahrscheinlich auch Barock

Im Hofgarten das Utz-Denkmal

Büste des Ansbacher Dichters und Anakreontikers Johann Peter Uz in sehr zeitgebundener Darstellung von Karl Alexander Heideloff. Unter der Büste finden sich ein Lorbeerrelief, ein fünfzackiger Stern über einer Lyra und der Name Uz. Der Text lautet: „Dem Weisen, dem Dichter, dem Menschenfreunde, Seine Verehrer, MDCCCXXV (1825)“.
Errichtet wurde das Denkmal von der „Gesellschaft für vaterländische Kunst und Gewerbfleiß“. In unmittelbarer Nähe erhebt sich der Kaspar-Hauser-Gedenkstein nahe der Stelle, an der 1833 der tödliche Anschlag auf das geheimnisvolle Findelkind verübt wurde.

Der Carl-Wilhelm-Friedrich-Brunnen

An der Flanke der Schwanenritterkapelle steht seit 1746 der Markgraf-Karl-Brunnen, wie ihn die Historiker bezeichnen. Der Namensgeber ist gleichzeitig der Stifter, der auch mit diesem Brunnen seine Macht glorifizierte. Die vergoldete Büste ist die Replik einer Marmorbüste im Schloss. 

Der Text auf dem Brunnenbecken lautet:
Seine Durchlaucht, Carl Wilhelm Friedrich,
Markgraf zu Brandenburg, Herzog in Preußen
und Schlesien, Vater des Vaterlands, der
die Stadt (schon) mit vielen neuen Bauten
schmückte, ließ auch diesen Brunnen anlegen
zu ständigem Nutzen der Einwohner und
zu freundlicher Betrachtung 1746.

Der Markgraf-Georg-Brunnen

Um diesen Brunnen mit seiner Skulptur ranken sich einige Irrtümer. Ursprünglich vom Markgräflichen Rat Dr. Pfotel durch eine Schenkung an Markgraf Kasimir (1515) realisiert, wurde er durch falsche Überlieferung dem Markgraf Georg (Reg. 1528 – 1543) gewidmet. 1780 und im 19. Jahrhundert wurde er erneuert. Und auch die Figur, die den Markgrafen Georg darstellen soll, ist in Wirklichkeit die Darstellung eines Ritters in Feldrüstung aus der Zeit um 1500.

Das Güll Brünnlein

An die südliche Außenwand der Johannis-Kirche schmiegt sich das „Güllbrünnlein“. Es erinnert an den Kinderliederdichter Friedrich Wilhelm Güll, der 1812 im Haus gegenüber geboren wurde. Mit Gedichten wie dem „Büblein auf dem Eis“ ist er noch heute in vielen Grundschul-Lesebüchern präsent. Der Brunnen illustriert Gülls Gedicht „Pflaumenregen“. Der Text ist auf einer Tafel zu lesen.

Auf der Fassade des Geburtshauses sind Bilder einiger seiner Gedichte verewigt.


z.B. 


Erwähnen möchte ich noch den Ernst von Bandel

Hinter dem Museum direkt an der ehemaligen Stadtmauer findet sich eine Skulptur von Ernst von Bandel. Der Sohn der Stadt Ansbach hat die Kolossalstatue des Hermannsdenkmals entworfen. Aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums des Lions-Club Ansbach, der die Skulptur gestiftet hat, wurde das Denkmal am 24. September 2011 eingeweiht. Das Bandel-Denkmal ist in Kupfer gegossen. Es zeigt Bandel gleichsam „durch den Schleier der Geschichte“, der in der geriffelten Oberfläche der Figur zum Ausdruck kommt. Der Künstler sieht Bandel als einen Mann des 19. Jahrhunderts und demonstriert diese zeitliche Distanz zum Heute in der Plastik. In ihrer Abstraktion der körperlichen Form zeigt die Figur den Bildhauer als wuchtige, zugleich reduzierte Gestalt, die das Denkmal als einziges Zeugnis ihrer Arbeit hält; die Werkzeuge Bandels: Architektenzirkel, Schmiedehammer, Zimmermannsfeile, liegen zu seinen Füßen.




Das Hermanns Denkmal schien dem Lions Club als Symbol der "Deutschen Einheit" sehr wichtig gewesen zu sein .... 

14.09.24

Skulpturen in Ansbach 2

 Ein Künstler der beim Skulpturenpfad öfter auftaucht ist schon länger verstorben und hat noch mit 65 begonnen das Schloss Spielberg zu renovieren und mit seiner Kunst zu beleben: Ernst Steinacker.

In Ansbach findet man seit 2009 am Theatervorplatz :

Die Köpfe der Musen

Melpomene ist in der griechischen Mythologie eine der neun Musen, die der tragischen Dichtung und des Trauergesangs, während Thalia die Muse der komischen Dichtung und der Unterhaltung ist. Die Muse Melpomene konzentriert sich auf den Blick nach innen. Die Farbigkeit Thalias deutet auf ihr eher extrovertiertes Wesen hin. Lorbeerzweige ranken sich um die Häupter der beiden Musenköpfe.

Die zwei Engel 


Der Standort dieser beiden anmutigen Engel im Schatten der Gumbertuskirche könnte idealer nicht sein. Ernst Steinacker begann Anfang der 1990er Jahre mit der Gestaltung großer Engelsskulpturen und Engelbilder. Auch in diesem Skulpturenpaar ist eine sinnliche, naturhafte Präsenz der Formenwelt des Künstlers gegenwärtig, die Sprache seines spirituellen Vorstellungsvermögens ist auf Essenzielles vereinfacht und in hoch aufragende, still erblühende Engelformen komponiert.



Im Barockgärtchen hinter dem Gasthaus ‚Zum Mohren‘ spielt seit einigen Jahren ganz vergnügt der Flötenspieler auf. Seit Beginn seines künstlerischen Schaffens ist der Flötenspieler ein stetig wiederkehrendes Motiv von Ernst Steinacker. Der Ansbacher Flötenspieler sitzt mit übereinander geschlagenen Beinen, über denen sich schwungvoll die Arme erheben und im Spiel der Finger die Flöte erklingen lassen. Körper, Klang und Seele vereinen sich zu einer modellierten Einheit. Und manchmal im Sommer hat der Flötenspieler sich ein Blümchen gepflückt, das er zwischen den Fingern hält. Gestiftet wurde die Figur vom ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Ansbach, Dr. Ernst-Günther Zumach.

Es muss am Sparkassenplatz noch ein Flötenspieler-Paar geben. Bin ich nicht vorbei gekommen.

In Ansbach trifft man  nicht nur im Museum  oder im Hofgarten  auf  die Geschichte von Kaspar Hauser




Friedrich Schelle griff eine Idee des Ansbacher Bildhauers Waldemar Fritsch auf und gestaltete die Bronze-Figuren. Dargestellt ist Kaspar Hauser zweimal: die gebeugte Gestalt zeigt ihn, wie er am 26. Mai 1828 in Nürnberg aufgetaucht sein könnte, der gut gekleidete, aufrechte Mann vermittelt ein Bild davon, wie er am 14. Dezember 1833 von seinem Mörder in den Hofgarten gerufen wurde. Zwischen den Figuren liegt eine Bronzeplatte, geformt wie ein Blatt Papier. 

Auf ihr steht ein Text von Friedrich Schiller:
SIE HABEN UMSONST
DEN HARTEN KAMPF
MIT DER NATUR GERUNGEN,
UMSONST EIN GROSSES KÖNIGLICHES LEBEN
ZERSTÖRENDEN ENTWÜRFEN HINGEOPFERT.
DER MENSCH IST MEHR
ALS SIE VON IHM GEHALTEN,
DES LANGEN SCHLUMMERS BANDE
WIRD ER BRECHEN UND WIEDER FORDERN
SEIN GEHEILIGT RECHT 

Und Kaspars Baum



(leider bei meinem Besuch mit grüner Farbe verunstaltet)

Die einen Baum umschlingende Figur wurde im Mai 2007 aufgestellt. Ihr Platz wurde mit Bedacht gewählt: zwischen dem ehemaligen Wohnhaus des Findlings Kaspar Hauser und dem ehemaligen Appellationsgericht, wo dieser als Schreiber tätig war. Die Plastik von Jaume Plensa wurde anlässlich des 1000-jährigen Jubiläums des Erzbistums Bamberg gestiftet. Die sitzende Kaspar-Hauser-Figur ist mit Worten überzogen, die einen Bezug zum menschlichen Körper haben. Wunsch des Künstlers war es, im Gedenken an Kaspar Hauser eine Skulptur zu schaffen, die ihren Platz in direkter Nähe des Wohn- und Sterbehauses findet. Der Mensch umfasst einen Baum, dessen Wandlungen symbolhaft für die stete Veränderung stehen.

Gefallen hat mir bei meinem Rundgang auch der Lausbubenbrunnen (war nicht in Betrieb)


Neben dem Gymnasium Carolinum befindet sich der Lausbubenbrunnen. Der Brunnen zeigt eine Taube auf einer abgebrochenen, steinernen Säule. Aus zwei mit Pferdeköpfen versehenen Röhren fließt Wasser, auf einer Seite in das Becken, auf der anderen Seite hält ein lebensgroß modellierter Lausbub, mit dem Finger den Wasseraustritt zu, so dass das Wasser versprüht wird. Gestiftet wurde der Brunnen von Gertrud Elise Uhle aus Breslau, 1982, zum Gedenken an die alte Heimat.

12.09.24

Skulpturen in Ansbach 1

 In Ansbach gibt es einen Skulpturenpfad. ich hab mir einiges angesehen. Beeindruckt haben mich z.B. Werke von Jürgen Goertz.

1991 wurden aufgestellt: Lech und Malsche 

Hier finden sich zwei große Köpfe mit Durchblick des Künstlers Jürgen Goertz, die sich aus der Ferne anhimmeln. Für „Lech“ stand der Fluss Lech Pate. Schädeldecke und Stirn sind wellenartig ausgeformt, Treibgut wird zum Haar, der Hinterkopf mutiert zur Welle. Die Augen schimmern tränenverhangen, die durchbrochene Nase endet in einer Muschelspitze und taucht in die weiche Oberlippenwelle. Der Mund schlürft Flüssiges, ein Ohr hört das Geräusch des fließenden Wassers, der Sockel ist gekerbt, bildet das Flussbett für den Wasserkopf und die Gießkannenbrause besiegelt die geschlechtliche Seite des Wassermannes. 

Bei „Malsche“ strafen Proportionsverzerrungen gängige Schönheitserwartungen: wulstige Aufwerfungen und tiefe Schluchtungen stören die vertraute Massenordnung, Ohren sind nach unten verrutscht, Nasen wurden zu offenen Brücken zwischen Stirn und Lippen, Augen sind aus der Symmetrie geraten. En face fast modisch schön – im Profil desillusionierend naturfern. 

Zwischen den beiden Skulpturen unter schattigem Blätterdach ein Spielbrunnen – im Sommer bei Kindern hoch im Kurs.


1993 kam auf dem Schlossplatz hinzu: ANScavallo 

An der Plastik des 1993 aufgestellten Bronze-Pferdes von Jürgen Goertz schieden sich die Geister in der Ansbacher Bevölkerung. Es polarisierte und vermutlich dürfte das Hassen am Anfang größer gewesen sein als das Lieben, was auch viele empörte Leserbriefe in der lokalen Zeitung belegen. Inzwischen gehört “der Anscavallo” unbedingt zum Stadtbild und ist am Schlossplatz gar nicht mehr wegzudenken. 

Die lustvolle Großplastik steckt voller Anspielungen auf gesellschaftliche und künstlerische Freiheiten. Sie ist das Synonym für disziplinierte Selbstverwaltung, kritisches Selbstbewusstsein, für statische Besonnenheit und dynamischen Vorwärtsdrang. Es erlaubt sich die Extravaganz eines einzigen gedrechselten Vorderfußes, einer stolz geschwellten Brust, eines dreiäugigen Pferdekopfes und zahnradgespickter Pferdemähne. Das Hinterteil bedient sich eines barockprofilierten Doppelstandbeins, eines drallen Pferdehinterns, dem wilden und zerzausten Pferdeschwanzes aus gegossenen Rebholzhaaren und dem ungeniert organisch konstruierten Ausgangs für die Pferdeapfelproduktion. 

Zusammen mit dem Brunnen der “Ansbacchantin”, der Amazone, die beim Wein die schönen Momente des Lebens genießt und den Radelementen, die den pulsierenden Verkehr symbolisieren sowie den beiden mit Vogelskulpturen gekrönten Buswartehäuschen bildet das Ensemble einen reizvollen Kontrast zur historischen Fassade der Markgräflichen Residenz. 

2003 schließlich kam als Auftragsarbeit in anderem Stil in der Stadt hinzu: AnsBach-Säule

Seit 1947 lädt Ansbach zur Bachwoche, einem Musikfestival, bei dem Künstler von Weltrang in stimmungsvollen Sälen und großen Kirchen konzertieren. Obwohl Bach nie in Ansbach weilte, sind der große Komponist und sein Werk nicht aus der Stadt wegzudenken. 2003 wurde zu seinen Ehren ein Denkmal eingeweiht. Der Künstler Jürgen Goertz hatte die Idee des Bachmonumentes, eine Verschmelzung aus Elementen einer klassischen Kapitellsäule und eines Messkelches. Die vier Seiten des Kelches sind klar gegliedert: unverzichtbar ist ein Konterfei Bachs, umrahmt von gerundeten Notenlinien und einer Signatur. Gegenüber umrahmt ein in vier Teile zerlegtes Bildnis Bachs das B–A–C–H-Thema. Die dritte Seite zeigt eine Interpretation des „Musikalischen Opfers“ mit einem gedrehten Violinschlüssel auf einer vergoldeten Einbuchtung. Notenlinien zur Endlos-Schleife gelegt und eine Signatur Bachs vervollständigen diese Ansicht. Die vierte Seite schließlich widmet sich der Beziehung Bach und Friedrich der Große: vergrößerte Noten und ein Violinschlüssel für den Komponisten, eine spiegelnde Kugel und kleine Kugeln für den König und Kriegsherrn.


Die Fortuna von ihm (an der Promenade) habe ich nicht gesehen ...

Über das vielfältige Werk von Jürgen Goertz gibt  diese interessante Website Auskunft.
Man kann da auch über die Lebenseinstellung des Künstlers einiges erfahren ...

Die Produktionsweise sieht folgendermaßen aus: Skizze // kleines Modell // Produktion im Team




Zitat:

„Mit meiner Kunst fordere ich eine pluralistische Gesellschaft zum gedanklichen Widerspruch heraus und erwarte von ihr besonnene Toleranz und den entsprechenden Respekt vor der Leistung eines Anderen …“

Übrigens: Der Hase auf dem Tiergärtnertor Platz in Nürnberg stammt auch von ihm !


Zuerst wirkt der Hase wie der typische Feldhase, doch wer einen zweiten Blick auf die Skulptur wirft dem fällt auf, er ist um einiges makabrer als ein knuffiger Feldhase. Die Darstellung lässt den Hasen mit samt der Jungen aus einer Kiste herausbrechen, während unter der vorderen Pfote eindeutig ein menschlicher Fuß hervorragt. Wer genauer hinsieht erkennt, dass vor der dem Maul des Tieres Nägel liegen, die er sozusagen frisst. Mit der speziellen Darstellung des Hasen wollte er wohl ausdrücken, das kaum noch Leute wissen, was Dürer ursprünglich mit seiner Kunst ausdrücken wollte. Goertz kritisierte, dass der wohl berühmteste Künstler Nürnbergs verkommerzialisiert wurde. Was genau der Erschaffer der Hasenskulptur jedoch damit ausdrücken wollte hat er nie konkret beschrieben. Daher gibt es nur viele Deutungen. In der Stadt war es damals jedenfalls ein Aufschrei als der Hase 1984 aufgestellt wurde, weil es keinem gefallen hat.

Übersehen habe ich bei meinem Rundgang leider diese Stele (nicht von ihm, aber auch wichtig) :

Der schmale Grad


Die senkrechte, schlanke Stahlsäule wurde am 23. Mai 2017 enthüllt. Sie erinnert an die Menschen, die sich zur Zeit des Nationalsozialismus mit viel Mut gegen das Unrechtsregime gestemmt haben. Der tiefe Einschnitt in die Skulptur verlieh ihr ihren Namen. Er steht symbolisch für Einschnitte im Leben und für schwere Entscheidungen. Realisiert wurde die Stele durch das unermüdliche Engagement der „Bürgerbewegung für die Menschenwürde“. Sie erinnert auch an den Ansbacher Schüler Robert Limpert, der am 18. April 1945 am Rathaus erhängt wurde. Er hatte kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner Stromleitungen zerschnitten und musste, unmittelbar vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, mit seinem Leben dafür bezahlen.

Die Inschrift lautet:
Wider das Vergessen! All jenen Frauen
und Männern gewidmet, die sich zwischen
1933 und 1945 in dieser Stadt mutig dem
verbrecherischen Regime des
Nationalsozialismus widersetzten.