29.04.20

Buchenbühl heute


Dieses zwischen Autobahn und Flughafen eingezwängte Buchenbühl erfuhr nach dem Krieg zur Zeit des Aufschwungs weitere Bautätigkeit. Gerade im Nordwesten entstanden Einfamilienhäuser und in den anderen Bereichen wurde etwas verdichtet.
Wie lebt es sich dort ? Dazu möchte ich auszugsweise aus einem Artikel der Zeitung zitieren.
In Buchenbühl leben rund 2300 Menschen. 63 Prozent von ihnen sind gebürtige Nürnberger, in der ganzen Stadt der höchste Anteil. So auch Horst und Margit Geuß. Das Ehepaar lebt seit 30 Jahren gemeinsam in Buchenbühl. . In den 1920er Jahren gründeten die ersten Bauherren hier eine kleine Siedlung.

Darunter waren auch die Großeltern von Horst Geuß. Als Wirte übernahmen sie den Saalbau, das große, wuchtige Wirtshaus im Kern des Stadtteils. Hier, vor den Toren der Stadt, gibt es Natur und Grün in Hülle und Fülle. Auch für Horst Geuß war das ein Grund, nie aus Buchenbühl wegzuziehen und sein Elternhaus mit dem großen Garten, das Mutter und Vater in den 1960erJahren bauten, zu übernehmen und kräftig umzubauen.
Das Haus der Geuß‘ ist typisch für Buchenbühl. Ein- und Zweifamilienhäuser machen über 90 Prozent des Bestands in Buchenbühl aus.
Das war damals ein Eldorado. Unser Haus war das zweite in der Straße, sonst waren überall Baulücken", erzählt er. Diese waren aber schnell geschlossen und dabei blieb es bis heute. Denn Buchenbühl wird im Nordosten von der A3, im Südosten von der B2 und im Südwesten vom Airport umschlossen wie von einem engmaschigen Jägerzaun, den es hier allerorten gibt.
Besonders morgens und abends hört man die Turbinen der startenden Flugzeuge aufheulen. Horst Geuß fühlt sich da manchmal etwas eingekreist. Durch die geographische Beschränkung blieb das Viertel über die Jahre so, wie es war. Im Nordosten ist der Wald nah, wunderschöne Radtouren und Spaziergänge könne man hier machen, schwärmt Margit Geuß. Als die Kinder klein waren, konnten sie dort bedenkenlos spielen.
In 20 Prozent der Buchenbühler Haushalte leben heute noch Kinder, der Altersschnitt im Viertel aber schlägt klar nach oben aus. Rund 30 Prozent der Buchenbühler sind über 65 Jahre alt - auch, wenn wieder junge Familien hinaus ins Grüne ziehen.
In Buchenbühl gibt es zudem kaum Bewegung, nur sieben Umzüge auf 100 Einwohner hat das Statistikamt gezählt, in St. Sebald sind es 12 pro hundert Einwohner. Dadurch, dass viele Menschen in Eigenheimen lebten, hätten sie auch keinen Grund aus Buchenbühl wegzuziehen. Auch das Ehepaar Geuß will aus Buchenbühl nicht mehr weg, zu sehr genießt es seinen großen Garten, das gute Miteinander unter Nachbarn, in Vereinen oder der Kirchengemeinde.
Die vertraute Stimmung im Stadtteil zieht auch junge Familien an. Nach dem Tod der alten Besitzer kaufen oft junge Familien die Häuser. "Aber auch die wollen gerne Kontakt", berichtet Margit Geuß. Auch die erwachsene Tochter des Ehepaars möchte bald wieder aus der Innenstadt an den grünen Stadtrand ziehen, wo sie aufgewachsen ist.
Auch wenn Horst Geuß nie weg wollte, sehen er und seine Frau auch die Nachteile, die das Leben ein wenig ab vom Schuss bringt. "Bis ein Krankenwagen da ist, das kann schon mal dauern", sagt er. Gerade das kann für ältere Menschen gefährlich werden. Einen Supermarkt gibt es vor Ort nicht, einen kleinen Laden und ein Bäcker sind noch am Ort, ein Metzgerwagen und die Gemüsefrau kommen immerhin ein paar Mal in der Woche. Aber durch die gute Nachbarschaft und den Zusammenhalt im Viertel lassen sich vielleicht auch diese Defizite etwas abmildern. Denn alles in allem gefällt es ihnen hier so gut wie nirgends sonst.
(Die Gastwirtschaft gibt es noch. Im Saalbau hat sich eine Auktionsfirma etabliert)

Bei meiner Exkursion habe ich am zentralen Platz einen alten Kiosk entdeckt, der nun neu eröffnet ist und ein Angebot von Obst und Gemüse hat. Auch andere Artikel kann man bei der türkischen Betreiberin bekommen.


Zum Lärmschutz: Die Autobahn scheint nicht so zu stören, wobei hier die Erneuerung des Lärmschutzes geplant ist, da sie jetzt 6-spurig ausgebaut ist. Beim Thema Flughafen gibt es seit Jahren eine Bürgerinitiative, die wenigstens ein Nachtflugverbot erreichen will.
Außerdem gibt es eine Initiative gegen die geplante Nordanbindung des Flughafens. Viele Jahren kämpften Umweltschützer und ein Teil der Anwohner gegen den Bau einer Straße mitten durch den Sebalder Reichswald. Sie sollte den Nürnberger Flughafen an die Autobahn A3 anbinden und den Stadtteil Ziegelstein vom Verkehr entlasten. Dazu gibt es einige Presseberichte.
Nachdem die CSU den Oberbürgermeister stellt, der sich gegen dieses Projekt aussprach, scheint damit Schluss zu sein.
Der örtliche Sportverein hatte so seine Schwierigkeiten, eigenständig weiter existieren zu können.
Es wurde auch berichtet, dass durch Änderung von Lärmschutzzonen im Ort nun auf einigen großen Grundstücken nun doch noch reingebaut werden soll.

Ein Blog beschäftigt sich in einem Artikel exemplarisch mit dem Ortsbild. 
Zitat:Auch an der Straße Zum Felsenkeller in Buchenbühl sind die Veränderungen der letzten Jahrzehnte deutlich zu sehen. Die ursprüngliche Gestalt der Siedlung ist aber nach wie vor gut erkennbar, auch deshalb, weil viele Hauseigentümer Rücksicht aufeinander und auf das Alte genommen haben. In der Straße, deren östlichen Point-de-vue der Dorfplatz Am Paulusstein mit dem Uhrturm bildet, wurden ab 1919 zwei Haustypen errichtet: Doppelhäuser mit hohen Satteldächern und Giebeln zur Straße und traufständige Doppelhäuser mit Mansarddächern. Ruff und Schmeißner versahen alle Häuser mit hohen Kellersockeln aus Rotsandstein, die übrigen Mauern wurden verputzt und hell gestrichen. Als Farbtupfer erhielten die Eingänge Rahmungen aus Sandstein mit Reliefs, die in ihrer Schlichtheit dem dörflichen Charakter der Siedlung Rechnung trugen. Die Dachstühle waren von Anfang an ausgebaut und wurden durch Schleppgaubenbänder belichtet. Knapp ein Jahrhundert nach ihrer Erbauung haben sich viele Häuser im Großen wie im Detail gewandelt. Manch ein Haus, etwa die Nr. 2-4, hat einen Anbau erhalten. Nicht selten hat man die Dächer – sie waren ursprünglich samt und sonders mit Biberschwänzen gedeckt – mit anderen Ziegeln (z. B. Frankfurter Pfannen) und in anderen Farben versehen. Haustüren wurden ausgetauscht, Fenster erneuert. Manch Fassade erhielt in den letzten Jahren eine Außendämmung, der leider hin und wieder die schönen Sandsteinrahmungen der Portale zum Opfer fielen. Insgesamt aber bietet die Straße Zum Felsenkeller noch heute ein anschauliches Bild, wie Buchenbühl aussah in jener entbehrungsreichen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als sich unerschrockene Siedler ein neues Leben draußen vor der Stadt aufbauten.


Ich steuere noch bei:

Zum Paulusstein

Kalchreuther Str
fast original

Waldkindergarten erbaut 1935 1963 erweitert

weitere Bilder gibt es hier zu sehen

Ach ja, bei Buchenbühl wurden übrigens um ca. 1834 einige Knochen eines Sauriers entdeckt. Das war der erste Fund in Deutschland.

28.04.20

Buchenbühl bis 1945


Die Bautätigkeit in Buchenbühl (und Loher Moos) wurde 1924 fortgesetzt nachdem sie wegen der Inflation 22 / 23 darniederlag.
1921 noch konnte man in einer „Lehrkolonie“ etwas abgesetzt am östlichen Rand als Experiment einige Häuschen fertigstellen. Hier sollten exemplarisch alternative Bauformen und Baumaterialien getestet werden in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Wärmehaltung. Festgelegt wurde, dass der Plan für alle Häuser genormt ist, aber in der Bauausführung verschieden sein sollte.
Die Systeme waren dann Lehmbau, Lehmstampfbau, Lehmziegelbau, Schlackenbetonsteinbau und Holzbau. Es wurden sogar Geschosskörbe der Armee benutzt, mit verschiedensten Materialien gefüllt und verbaut.

Geschosskörbe:

 Das Experiment brachte keine guten Ergebnisse auch in Bezug zu den Baukosten. Heute ist keines dieser Häuschen mehr im Original zu finden. Die meisten wurden abgerissen oder umgebaut.


Ab 1924 änderte sich die Wohnungsbaupolitik des Siedlungswerks. Es wurden keine
Einfamilienhäuser mehr zur Miete errichtet.
Seit 1920 gab es das Reichsheimstättengesetz.
Die tiefere Idee der Heimstätte liegt darin, dass bei dieser besonderen Form sozialpolitisch gebundenen Eigentums unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des selbstnutzenden Eigentümers Grund und Boden und das darauf befindliche Wohnhaus unter allen Umständen dem Zugriff eventueller Gläubiger entzogen bleibt.

D.h. Es wurde nun Eigentum gebaut. Die nun bürgerliche Regierung in München hatte wahrscheinlich auch das Interesse, dass nun eher Beamte und Angestellte in Buchenbühl (und Loher Moos) angesiedelt wurden. Arbeiter konnten sich die nun entstehenden Häuser sowieso nicht leisten.Man musste nämlich einen einmaligen Betrag zahlen und den Rest durch eine Art Miete mit Ratenzahlung abstottern.


1933 wurde das Siedlungswerk auch gleichgeschaltet und Personal ausgetauscht.
Nach vorhandenen Plänen wurde noch einiges dazu gebaut. Jetzt unter dem Namen „Volksheimstätten“. Ob nun Parteimitglieder beim Einzug bevorzugt wurden ist wahrscheinlich, lässt sich aber nicht nachweisen.

In der Igensdorfer Strasse wurden 1934 / 1935 solche Volksheimstätten mit einer Grundfläche von 44 qm errichtet.


Auch militärisch tat sich in Buchenbühl etwas:

Westlich der Bahnlinie entstanden Gebäude für ein Luftgau-Nachrichten-Regiment. Der Flughafen Marienberg war ja ab 1933 eingerichtet. Zuerst als Verkehrsflughafen ab 39 als Fliegerhorst


Nach dem Krieg wurden die meisten Gebäude abgerissen. Nur das ehemalige Offizierskasino steht noch und wird heute als Jugendhotel genutzt.

Dort wo sich andere Anlagen des Regiments befanden gibt es heute eine Schule für Forstwirtschaft und auf dem Militärgelände nördlich wurden nach dem Krieg weiter Siedlerhäuser mit Garten errichtet.


Buchenbühl hat sich bis 1945 also weiter vergrößert (gelbe Markierung)



Im Krieg wurde nicht viel zerstört (eher im Loher Moos). Amerikanische Truppen erreichten Nürnberg zuerst in Buchenbühl am 16.April 1945 und marschierte kampflos weiter nach Ziegelstein und Loher Moos.

Buchenbühl - die Anfänge



Der Nürnberger Stadtteil Buchenbühl (eingemeindet 1922) ist eigentlich ein Idyll umgeben von Wald. Leider ist diese Siedlung eingezwängt zwischen Autobahn A3 und dem Flughafen.




Die Anfänge dieser Siedlung sind zur Zeit der Münchner Räterepublik nach dem 1.Weltkrieg zu finden. Mitten im Wald entstanden Buchenbühl und beim Dorf Ziegelstein die Siedlung Loher Moos.


Massenarbeitslosigkeit, Wohnungsnot, mangelnde Versorgung und unsichere Zukunft waren für einen Großteil der Bevölkerung die Alltagsprobleme.
Schon um 1900 bekam die Forderung nach menschenwürdigem, hygienischen und naturnahen Wohnen für alle Auftrieb durch die Gartenstadt-Bewegung und die überall neu gegründeten Wohnungsbaugenossenschaften.
1919 ergriff nahe Ziegelstein ein Arbeiter- und Soldatenrat die Gelegenheit beim Schopf, eine neue Siedlung aus dem Boden zu stampfen. Zuerst wurde im Wald eine große Fläche gerodet. Der Arbeiter-und Soldatenrat wollte damit die revolutionäre Stimmung unter den zu tausenden entlassenen Rüstungsarbeitern und Soldaten in sinnvolle Aufbauarbeit lenken.
Dass es dafür keine Genehmigung gab und das Gelände eigentlich der Marktgemeinde Heroldsberg gehörte, spielte in der Not keine Rolle. Die Obrigkeit legalisierte den Coup im Nachhinein, gründete im Mai 1919 das Siedlungswerk Nürnberg als Träger der Unternehmung und nutzte die Großbaustelle auch gleich noch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Nach zähem Ringen wurde als geeignete Rechtsform die „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ beschlossen, Anteilseigner waren der Staat Bayern, der Bezirk Mittelfranken und die Stadt Nürnberg. Eine privatwirtschaftliche Rechtsform, selbst die einer Genossenschaft, war der Arbeiterschaft „zu kapitalistisch“.
Mit sehr viel Bildmaterial ausgestattet kann man die Bauphase in dem Buch„100 Jahre Siedlungswerk“ verfolgen. Dokumentiert ist auch, dass es in der Nähe ein Sägewerk errichtet wurde (heute Hahnenbalz) und ein Steinbruch vorhanden war.
1922 kam das Gebiet dann offiziell zur Stadt Nürnberg. Es entstand in den 20er Jahren eine Gartenstadt, die der Architekt Jakob Schmeißner nach sozial orientierten Gesichtspunkten plante. Gemeinschaftseinrichtungen(Schule, Gemeinschaftshaus, Einkaufszentrum) und eine Vielzahl von Grünflächen nahmen dafür einen wichtigen Platz ein.



Seit 1908 gab es die Gräfenbergbahn(Nürnberg Nord-Ostbahnhof – Gräfenberg ) Die Siedlung entstand also östlich der Bahnlinie! Von 1926 bis 1983 gab es einen offiziellen Haltepunkt Buchenbühl. Doch schon vorher war die Bahn wichtig für den Bau, z.B. zum Transport der Arbeitskräfte.

Die Ein- und Mehrfamilienhäuser hatten große Grundstücke, wo die Bewohner Obst und Gemüse für den Eigenbedarf anbauen und Kleintiere halten konnten.

Der Ursprung (weiß markiert)


Und hier ein Luftbild aus dem Jahr 1922


Deutlich ist das gerodete Areal zu erkennen. Die von Jakob Schmeißner entworfenen Doppelhäuser liegen entlang der „Kalchreuther Straße“ (rechts unten nach links oben) sowie den Straßen „Zum Felsenkeller“ (links) und „Zum Froschbrücklein“ (rechts). In der Mitte der zentrale Platz „Zum Paulusstein“ und rechts noch einige Häuser am „Fuchsweg“.

Charakteristisch für Buchenbühl sind die an Doppelhäuser mit ihren mächtigen Giebeln. Die originelle Zusammenfassung zweier Häuser lässt die erdgeschossigen Gebäude größer wirken als sie sind. Die Anklänge an fränkische Bauernhäuser betonen den ländlichen Charakter der Siedlung.





Heute kann man in diesem Kernbereich noch verschiedene Haustypen sehen, die straßenweise nebeneinander gebaut wurden. Die Straßenführung, die Grünflächen zwischen den Häusern und nicht zuletzt die malerische Architektur, die mit verschiedenen Oberflächenformen und -farben spielte und typische Elemente des ländlichen Bauens aufgriff, sorgten für Abwechslung und dörfliches Flair.
Als erstes Gemeinschaftsgebäude entstand im Scheitelpunkt der Siedlung die »Volkshauptschule«. Am 6. Juni 1921 wurde sie feierlich eingeweiht.
Buchenbühl und auch Loher Moos waren damals von den Einwohnern her sozialdemokratisch und kommunistisch geprägt. Die Bewohner stammten mehrheitlich aus dem Arbeitermillieu.