17.09.21

Der Fürther Bogen 2019 bis 2021

Nach dem Baustopp 2016 kam wieder Bewegung in die Sache: 2019 bahnt sich eine Interimslösung an

Im April wurde bekannt gegeben, dass der Freistaat Bayern nunmehr 20 Millionen Euro für den Einbau von sieben Weichen und zusätzlichen Signalen in Fürth-Unterfarrnbach ausgeben will und die Fertigstellung erst für 2022 geplant ist. Die neue Bahnstation Klinikum ist dabei mit eingeschlossen.

Man kann sich fragen wie es zu der Steigerung auf 20 Millionen kam. Wenn man sich die Unterlagen der Ausschreibungen ansieht, wird es verständlicher: Neben den Weichen und Schienen, neue Signalanlagen zur Zugsteuerung, Änderung der Entwässerung, Rückbau von vorhandenen Anlagen ….Ein Ausschnitt:

Auftragsbezeichnung:

VDE8.11 ABS Nürnberg-Ebensfeld, IBN – Fürther Bogen mit Interimslösung
Los 1, bestehend aus Leistungspaket 1; Leistungspaket 2, Ziffer 2.2 und Ziffer 2.3; Leistungspaket 3:
ca. Aushub 2510 m³; PSS 1260 m³; Erdeinbau 560 m³;
Gleiseinbau 2560 m; Weicheneinbau 7 Stück, Weichenrückbau 3 Stück;
Errichtung Kabelgefäßsystem 1800 m; Signalgründung 30 Stück; Kabelverlegung 53.300 m;
LSW inkl. Rammrohgründung 1100 m; SiA inkl. Bohrpfahlgründung 10 Stück;
modularer Bahnsteig inkl. Ausstattung 980 m²; Errichtung Weichenheizstationen 2 Stück

Los 2, bestehend aus Leistungspaket 2 OLA, Ziffer 2.1:
OL-Maste inkl. Gründung 330 Stück; Kettenwerk 12.710 m; OSE Kabel 3.700 m
Laufzeit des Vertrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems
Beginn: 09/04/2020
Ende: 16/12/2022

Und es ging im Sommer 2020 los:


Nachdem die Inbetriebnahme der S-Bahn-Gleise zwischen Fürth Hbf und der Regnitzbrücke im Jahre 2022 angestrebt wird, ist nun eine Intensivierung der Arbeiten zu verzeichnen. Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt im Bereich der Abzweigstelle Unterfarrnbach mit Anbindung an die Bestandsgleise zwischen km 11,0 und 12,0.

Da es nur noch einen Zugang für LKW zur Baustelle gab, nahm nun der Verkehr zu.

letzter Zugang zur Baustelle

Auf dem Feld am Heuweg wurde im Frühjahr 2021 ein Containerlager errichtet. Jetzt wurde es turbulent.

Containerdorf

Von März an war es über Wochen unerträglich: Von der Baustelle zu zwei Zwischenlagern ( am Durchgang vom Eigenen Heim nach Unterfarrnbach // an der Bremenstaller Brücke im Wiesengrund) fuhren Laster und Traktoren teilweise im Minutentakt hin und her.


Lagerplatz 1

Lagerplatz 2

Schon verbautes Material (Schotter und Materialbeton) wurde raus geschafft. Neuer Schotter und Kalksplit wurde angeliefert. Tieflader brachten Baumaschinen und fuhren sie nach ein paar Tagen wieder ab. Große Sattelschlepper aus der EU fanden die Baustelle nicht und mussten hin und her rangieren. Alles in der Wohnstraße oder auf dem Feldweg, der immer noch als Radstrecke, Hundepromenade und Spazierweg benutzt wurde.

Sonntagsidyll am Heuweg

In der Bestandsstrecke wurden nach Sperrung noch im Frühjahr die ersten zwei Weichen eingebaut. Ab dem Haltepunkt Unterfarrnbach hat man in den nächsten Monaten altes Material (Schienen, Schwellen,Schotter, Bettung) rückgebaut und dann ganz neu eingerichtet.  

erste Weichen

Rückbau an der Haltestelle

Eine große Aktion war dann noch der Einbau der restlichen Weichen Anfang September 2021. Das lief innerhalb einer Woche ab mit einiger logistischer Vorbereitung und viel Schwertransporten.



Am 5.September 21


Am 10.September 21

Man hat dabei auch gleich den eingleisigen Abzweig zur neuen Brücke über das Rednitztal angelegt, denn mit der Planung der Bahn muss es dort nach Eltersdorf irgendwann weiter gehen! 

Zitat: "Ziele:
- Das BVerwG hat 2017 den Planfeststellungsbeschluss zum Fürther Verschwenk für rechtswidrig und nicht vollziehbar, u.U. aber für heilbar erklärt. Es hat eine ergebnisoffene Prüfung zwischen Verschwenk- und Bestandstrasse zu erfolgen
- Um die Engpasssituation in dem Bereich aufzulösen bedarf es eines weiteren Gleises
- Entsprechende Ausbaualternativen sind unter Berücksichtigung bisheriger Erkenntnisse zu untersuchen
- Prüfung neuer bzw. Anpassung bestehender Haltepunkte in den betreffenden Räumen wie bspw. Hp Vacher Straße, Hp Stadeln-Süd, Hp-Stadeln Nord (Verschiebung des Hp Vach nach Süden)
- Die verkehrliche Wirkung sowie Angebotskonzepte und Infrastrukturbedarf sind zu ermitteln"

Für uns wird es ruhiger: Die Arbeiten an den Signalanlagen und Oberleitungen stehen noch an. Auch der neue Bahnhof Klinikum muss noch gebaut werden. Aber die riesigen Erdarbeiten sind beendet.


Ausblick auf 2022 Bahnhof Klinikum

Neueste Entwicklungen für Abschnitt Unterfarrnbach hier ....


Der Fürther Bogen bis 2018

 Als wir 2009 in die neue Wohnung beim Heuweg einzogen, hatten wir Richtung Westen die Aussicht auf Felder und in angenehmer Entfernung die Bahnlinie Fürth- Erlangen in einer Senke. Wir wussten, dass die Bahnlinie von 2 Gleisen auf 4 im sogenannten „Fürther Bogen“ für eine S-Bahnlinie erweitert werden soll: Die Bahnbrücke an der Würzburger Straße bei der U-Bahnstation Klinikum war schon vor 2000 erweitert worden. Die Bahnbrücke an der Hardstraße war gerade abgerissen worden und wurde dann 2010 mit größerem Durchlass für die Bahn neu errichtet. Die Brücke an der Cadolzburger Straße war schon 2001 abgerissen worden und 2008 endlich neu gebaut worden. Schon 1993 hatte man die Fußgängerunterführung zwischen Eigenem Heim und Unterfarrnbach neu aufgebaut und verstärkt.

Im Jahr 2008 wurde mit Söderschem Spatenstich (damals Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten) das Projekt „Ausbau Fürther Bogen“ begonnen. Aus einer PressemitteilungDer rund fünf Kilometer lange Streckenabschnitt des „Fürther Bogens“ vom Fürther Hauptbahnhof (Siebenbogenbrücke) Richtung Eltersdorf bis zur Regnitzbrücke bei Vach erhält zusätzliche Gleise für die S-Bahn. Neben den bestehenden zwei Gleisen werden zwei bzw. ein weiteres Gleis ausschließlich für den S-Bahnverkehr verlegt. Außerdem müssen die Bahnsteigunterführung im Fürther Hauptbahnhof sowie sieben Brücken erweitert werden. Umfangreiche Erd- und Gleisbauarbeiten sind notwendig. Zudem sollen rund fünf Kilometer Lärmschutzwände errichtet werden. Rund 45 Millionen Euro werden investiert. Nachdem im November 2007 für diesen Abschnitt der Planfeststellungsbeschluss erlassen und in den vergangenen Sommermonaten erste Bauvorbereitungen getroffen wurden, beginnt jetzt der Ausbau der Strecke. Bis 2011 sollen alle Maßnahmen in diesem Abschnitt fertig gestellt sein.

Als wir damals einzogen waren auf dem Feld beim Heuweg riesige Erdhaufen deponiert, die ziemlich schnell abgefahren wurden, da dort keine Genehmigung für Ablagerungen bestand. Es ging aber weiter: Auf dieser Seite ist der Bauverlauf ab 2010 ganz gut dokumentiert. Es wurden in den Böschungen der alten Strecke erst Bohrpfähle nebeneinander errichtet und dann das Erdreich beseitigt. Es entstand so ein Trog.



Nicht dokumentiert wurden die Belästigungen für Anwohner. Die Bohrungen, die Betonarbeiten und letzten Endes der Transport des Aushubs waren eine fast nicht zu ertragende Belästigung der Anwohner. Ich machte mir in einem Artikel im Feb 2011 etwas Luft.

In den zu abtragenden Böschungen war im Vorfeld der Arbeiten intensiv nach Munition und Blindgängern abgesucht worden. Trotzdem wurde während der Ausschachtungen am 31.5.2011 plötzlich eine Bombe an der Brücke Würzburger Str. gefunden. Nach umfangreichen Evakuierungen und Absperrungen konnte erfolgreich entschärft werden.

Nachdem 2010 die zwei Fernbahngleise nach Westen hin verlegt worden waren, gab es bald einen Behelfsbahnsteig Unterfarrnbach.




Die Siebenbogenbrücke wurde 2010 bis 2012 mit einem architektonisch gelungenem Vorbau um 2 S-Bahn Gleise erweitert.


In einem weiteren Artikel weise ich darauf hin, dass die Bautätigkeit ins Stocken geraden ist. Grund war, dass die Stadt Fürth und die Bahn im Clinch darüber liegen wie es nach der Regnitzüberquerung weitergehen soll. Sprich: Verschwenk oder parallel zur Bestandsstrecke.

Der Fahrgastverband PRO BAHN ist darüber empört, dass ein Streckenabschnitt, der bereits zweistellige Millionenbeträge aus Steuergeldern verschlungen hat, auf Jahre vor sich hinrosten und den Fahrgästen die überfälligen Verbesserungen vorenthalten werden. Für zwei bis drei Millionen Euro könnte nach Aussage von PRO BAHN nördlich von Unterfarrnbach eine Weichenverbindung zur Bestandsstrecke zu errichten , um die neuen Gleise ans Netz anzuschließen.  

Auch 2013 schleppt sich der Ausbau dahin. Inzwischen war die einspurige Regnitztalbrücke noch im Bau und wurde 2014 fertig:


2014 schließlich reichte die Stadt Klage gegen den Verschwenk ein. Auch 2015 geschieht wenig.

Im April 2015 wurde noch vereinbart, die weitgehend bereits fertiggestellten S-Bahn-Gleise südlich und nördlich des geplanten Verschwenks durch den Einbau zusätzlicher Weichen mit der Bestandsstrecke zwischen Fürth-Nord und Eltersdorf zu verknüpfen, um so die Nutzung der neugebauten Gleise und damit einen engeren Takt der S-Bahn zu ermöglichen. Die Kosten für diese Übergangslösung trägt das Land Bayern. Die Inbetriebnahme war seinerzeit für 2020 vorgesehen. Die geschätzten Kosten – einschließlich des späteren Rückbaus– sollen statt vormals 2,6 Millionen Euro nunmehr 10,4 Millionen Euro betragen.

Das Firmenkonsortium für den Bau des Fürther Bogens hat 2016 noch schnell bestellte Materialien wie Schwellen, Schienen und Schotter in die stillgelegte Baustelle verbracht. Provisorisch waren dann 2 Gleise auf Schotter bis zum Haltepunkt Unterfarrnbach verlegt. Ab Unterfarrnbach gab es noch 1 Gleis auf Schwellen ohne Befestigungen. Der Lärmschutz wurde fertiggestellt. Der Bahnsteig Unterfarrnbach wurde stabiler für längerfristigen Einsatz an der Bestandsstrecke erneuert.


Die Baustellenzufahrten an der Siebenbogenbrücke, am Scherbsgraben und an der Hardstrasse waren dann nicht mehr möglich. Nur bei uns am Heuweg hat man in der Lärmschutzwand eine Lücke aufgemacht. Die einzige Baustellenzufahrt außer an der Vacherstraße hin zur Regnitzbrücke!

Im Bayerischen Landtag wurde die Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer (jetzt Frau Tessa Ganserer) behandelt. Ergebnis: Die Finanzierung einer Zwischenlösung (Einbau von Weichen um nördlich Unterfarrnbach ins Bestandsgleis zu kommen ) ist nicht geklärt.

2017 schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht den bestehenden Planfeststellungsbeschluss für den Verschwenk gekippt.  Die Bahn selbst hält sich ein Hintertürchen offen.

Die Baustelle ruht endgültig.

Die Schnellfahrstrecke München Berlin mit mehr ICE Verkehr durch Fürth wird offiziell noch im Dez 2017 eröffnet.

Die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts wird 2018 veröffentlicht.




12.08.21

Der Irrhain

 Vor Kurzem war ich mal wieder im Irrhain bei Kraftshof. Der Zustand erschien mir sehr gepflegt: Die Wege gekiest, Bruchäste aufgeräumt und keine Anzeichen von Vandalismus. Die Bilder dieses kurzen Films ähneln meinen Eindrücken. Ich hatte erst Mühe, den Weg zum Irrhain zu finden. Man muss sich aber nur am Friedhof orientieren:

Eine Wanderbeschreibung liefert noch einen anderen Plan des Umfeld


Das Eingangsportal zeigt 3 Jahreszahlen.



1644 gründete sich der Pegnesische Blumenorden
1676 wurde das Areal gepachtet
1894 wurde das Tor errichtet

Nach Informationen von dieser Seite: Der Pegnesische Blumenorden, ursprünglich als "Löblicher Hirten- und Blumen-Orden an der Pegnitz" gegründet, besteht noch heute als Verein zur Pflege der deutschen Sprache und Dichtkunst. Seine Entstehung durch den Patrizier Georg Philipp Harsdörfer und Mitbegründer Johannes Klaj, ist auf das Jahr 1644 datiert. Anfangs trafen sich die Dichter im Poetenwäldchen an der Pegnitz, nahe dem heutigen Westbad. Durch einen Zaun um diesen Versammlungsort wurden sie jedoch vom Eigentümer dort ausgesperrt. Nach dem Tod Harsdörfers 1658, übernahm Sigmund von Birken die Leitung des Ordens, der sich der Schäferpoesie widmete und die Pflege und Reinigung der deutschen Sprache vertrat.

Der erste Pfarrer von Kraftshof im 17. Jh., Martin Limburger, 1656 zum kaiserlichen Dichter gekrönt, legte den Irrhain gemeinsam mit den Gärtnern Georg Schwarz und Andreas Ingolstädter 1681 in der Nähe seiner Pfarrgemeinde an. Fortan trafen sich die Mitglieder des Pegnesischen Blumenordens in ihren Lern- und Lustgarten im Knoblauchsland. Durch einen Ratsverlass im Jahr 1681, erhielt die Gemeinschaft ein immerwährendes Nutzungsrecht des Irrhains. Die damalige jährliche Pacht in Höhe von einem Gulden, entsprach in etwa dem entgangenen Holzertrag. 

Der heutige Präses der Vereinigung , Werner Kügel, hat in 30 jähriger Arbeit in 5 Büchern seine Archivstudien über die Geschichte und Gedichte des Pegnesischen Blumenordens veröffentlicht. Sie liegen  teilweise sogar als Internetfassung vor. Interessant finde ich seine Nachkriegsrecherchen über das Grundstück. So z.B. über Der Irrhain als Ruinengrundstück oder Fortgesetzte Irrhainmühen

Der Irrhain war ja mal eine barocke Anlage mit Hecken und verschlungenen Wegen:



Bereits 1980 wollte die Stadtverwaltung den Irrhain nach altem Vorbild restaurieren. Das Gartenbauamt sollte die barocke Anlage aus dem Dornröschenschlaf wecken und 3.000 Quadratmeter Wildwuchs beseitigen. Auch eine kleine Bühne sollte rekonstruiert werden. Eine halbe Million Mark hätte das Vorhaben gekostet.

Doch das Unterfangen scheiterte am Veto des Landratsamts Erlangen-Höchstadt, auf dessen Territorium ein Großteil des Wäldchens liegt. Begründet wurde dies mit seltenen Tieren und Pflanzen die sich auf dem Areal angesiedelt hatten. Der damalige Präsident des Blumenordens, Friedrich von Herford, schimpfte gegenüber den "Nürnberger Nachrichten": "Die Entscheidung des Naturschutzbeirats ist völlig unverständlich und geht an den Wünschen und Bedürfnissen weiter Bevölkerungsschichten vorbei." Auch Nürnbergs einstiger Rechtsreferent, Richard Sauber, konnte sich mit der Ablehnung nicht anfreunden: "Das Ökologiebewusstsein ist eine Modeerscheinung, die sicher genauso schnell wieder abflaut, wie sie entstanden ist."

Der Rechtsreferent irrte, die Klagen verhallten. Lediglich die Eingangspforte sowie die Gedenksteine erhielten eine Schutzschicht, die weiterem Verfall vorbeugen sollte. Ferner verlor die Anlage 1989 durch Windbruch einige alte Bäume, was den Gebüschbewuchs begünstigte. Der Pegnesische Blumenorden indes gibt die Hoffnung nicht auf, das in Bayern einzigartige Denkmal wieder ansehnlicher zu gestalten. Doch dies wird schwierig, da sich zwischenzeitlich der vom Aussterben bedrohte Eremit-Käfer in den Bäumen eingenistet hat. Laut einer EU-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat) darf jetzt nicht einmal mehr Totholz entfernt werden.

Der Sturm Wiebke hatte 1990 auf dem Grundstück zu weiteren großen Schäden geführt:

Es sah dann sogar so aus, dass dort keine Veranstaltungen mehr stattfinden durften. Wenn man heute in das Veranstaltungsverzeichnis schaut, scheinen Kompromisse gefunden worden zu sein.

Mir gefällt der heutige Zustand zwischen Pflege und Verwilderung sehr.








Weitere Bilder hier 

Und die Welt ist klein: Ein anderer Ort, der mir immer sehr gefallen hat, Rockenbrunn hat auch was mit jenem Orden der Pegnesen zu tun: 
Schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts war Rockenbrunn höchst beliebter Treffpunkt der Mitglieder des sogenannten "Pegnesischen Blumenordens" einer nach dem dreißigjährigen Krieg gegründeten Sprachgesellschaft der Reichsstadt Nürnberg, die sich in ihrer zweiten Gründungsphase unter Sigmund v. Birken und Martin Limburger um die Erhaltung deutscher Sprache und Dichtkunst im Sinne barocker Schäferromantik bemühte. Der Rockenbrunner Brunnenhof des Mitglieds und "Musenfreundes" Georg Sigmund Fürer v. Haimendorfs, eingebettet in die wildromantische Kulisse des umgebenden Eichenwaldes am Fuß des Moritzberges, galt den Poeten als "Heiligtum Bacchus und der Musen", ideal als Kulisse für Schäferspiele und zur dichterischen Inspiration.

08.04.21

Dürrenmatt

 Dieses Jahr wäre einer meiner Lieblingsschriftsteller 100 Jahre alt geworden. Ein Lebenslauf ist hier nachzulesen. Was ich nicht so wusste war, dass er viel malte und zeichnete ...


 
Seine Werke sind online zu sehen bei der Schweizer Nationalbibliothek. Hier kann der online Katalog eingesehen werden.
Seit 1952 lebte er in Neuchatel wo er  ein Haus erwarb. Hier gibt es ein "Gschichtle" von ihm über das Vallon de l'Erimitage.


1964 ließ er sich oberhalb dieses Hauses noch ein Gebäude als Arbeitsort bauen, das aber bald auch zum Wohnhaus wurde.
Er starb kurz vor seinem 70. Geburtstag. Seinen Nachlass übereignete er dem Schweizer Staat. Seine zweite Frau Charlotte Kerr veranlasste dann, dass vom Architekten Mario Botta das Centre Dürrenmatt unter der Regie der Schweizer Nationalbibliothek errichtet wurde. In dem Bauwerk ist das alte Wohnhaus integriert.





Dürrenmatt hat die Toilette seines Neuenburger Wohnhauses mit farbenfrohen Fratzen ausgemalt; der Autor und seine Familie gaben dem Raum anschließend den Namen Sixtinische Kapelle". Dieses spielerische ‚Fresko' ist heute Bestandteil der Ausstellungsräume des Centre Dürrenmatt.


Hier noch ein kleines Fundstück zu Dürrenmatt aus der Seite von DOMRADIO (Köln !):


Theologe Bühler: Religion für Atheist Dürrenmatt zentrales Thema

13.03.21

Streetart in Langwasser

 Durch einen Tipp kam ich drauf, dass es in dieser Trabantenstadt eine recht aktive, legale Streetartscene gibt. Ich hab mir auf einer Tour mal einige Sachen des Projekts Betonliebe angesehen.

Die Info der Wohnungsgenossenschaft WBG hierzu : Langwasser ist voll von Beton. Als Prototyp einer Trabantenstadt ragen hier mehrstöckige Häuserblocks in den Himmel. Ihre Fassaden sind meist grau, weiß, schmutzig-gelb. Im August des vergangenen Jahres hat die wbg der Tristesse nun farbstarke Hingucker mit Wow-Effekt entgegengesetzt. Den Anstoß dazu hatte das Projekt "Betonliebe" gegeben. Gestartet war diese neue große Liebe im Sommer 2019 unter der Regie des Gemeinschaftshauses Langwasser und des Arbeitskreises StreetArt Künstlerischer Leiter ist Carlos Lorente, selbst Graffiti-Künstler und Inhaber der Graffiti-Akademie "Style Scouts". Das Ziel des Projekts ist es, den Stadtteil mit Kunst im öffentlichen Raum zu verschönern, dadurch die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu erhöhen und Bürger von außerhalb für diesen besonderen Stadtteil zu begeistern. So waren internationale und lokale Kreative dazu eingeladen worden, ausgewählte Wände mit bleibenden Werken zu gestalten. Die Tour:


Am Parkhaus des  Franken-Centers hat der Streetartkünstler BOND (Jonas Ihlenfeldt) zwei große Sachen gesprüht. Seine Arbeiten bergen einen besonderen Effekt, der sich nicht mit bloßem Auge erkennen lässt, sie werden mit Hilfe von Augmented Reality Apps zum Leben erweckt.


Gleich in der Nähe  verwandelte die polnische Künstlerin Aleksandra Toborowicz den Betriebshof des Gemeinschaftshauses Langwasser in ein Radio. Das Mural ist ein Partnerschaftsprojekt mit dem Krakauer Kulturzentrums (NCK) und bildet Herkunftsländer von Langwasseranern und Langwasseranerinnen und deren Lieblingsorte im Stadtteil ab.


An der Rückseite des Kaufmarkts hat Andi Zeug mit Bewohnern schon im Jahr 2015 auf seine etwas naive Art die gesamte Wand gestalten können.

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Gleich beim Arvena Hotel ist im Rahmen der Betonliebe dieses Werk entstanden: Gesprüht von Vincent Gramms aka Caploart und Soma275 

Gleich auf der anderen Seite der Glogauerstraße in der WBG Siedlung wird es phänomenal: Erst 2020 entstanden einige großflächige Sachen: Trotz Corona konnten auch 2020 zum Glück wieder einige große Hauswände in Wandkunstwerke verwandelt werden. Vom 13.7. bis 19.7. waren Rafael Gerlach aka SatOne (München) in der Giesbertsstr. 28 und Yannik Czolk (Mannheim) und Sven Küstner (Nürnberg) in der Ratiborstr. 4/ Ecke Glogauer Str. am Start. 

Das Mural kombiniert die meist illustrative und figurative Arbeit von Czolk mit den eher flächigen und musterbasierten Werken von Sven Küstner

Titel: "Langwasser" In seiner abstrakten Bildsprache bezieht sich der Titel des Wandbildes auf den gleichnamigen Bach, der das Areal am östlichen Rand durchzieht. Rafael Gerlach ist 1977 in Venezuela geboren und lebt seit 1979 in München.

2019 entstanden weiter drinnen schon andere Werke: Beim Parkplatz P3 von LOOMIT



Loomit (Jahrgang 1968 !!)  gilt als einer der wichtigsten Graffiti-Künstler im deutschsprachigen Raum und zählt zur ersten Generation der europäischen Urban Art. Seine Werke bewegen sich zwischen Muralismus, StreetArt und Style Writing.

An der Feulnerstraße 1 schließlich packte Armin E. Mendocilla aus Berlin seine Farben und kreativen Ideen aus. Der 28-jährige, besser bekannt als "Nasca Uno", hat deutsch-peruanische Wurzeln und kombiniert in seinen Werken gerne fotorealistische, surrealistische und abstrakte Elemente. Dabei interessiert er sich besonders für die vielfältigen Kulturen und Riten, Tier- und Pflanzenwelten sowie aktuelle gesellschaftliche Themen Perus. Seinem monumentalen wbg-Gemälde hat er den Titel "Wanderin" gegeben und darin "Elemente aus Langwasser, Nürnberg und aller Welt" integriert. Um die Internationalität des Stadtteils zu erfassen und ein Gespür für ihn zu bekommen, hatte er sich vorab mit dort lebenden Menschen unterhalten und sich von ihren Anekdoten inspirieren lassen. Entstanden ist eine lebendige Wandmalerei, deren einzelne Elemente sogartig in die Ferne ziehen. Da thront eine chinesische Winkekatze und ist eine russische Matrjoschka zu sehen. Genauso wie eine Balalaika, eine Pizza, eine afrikanische Maske und einer der Nürnberger Türme.



Tizer, Shucks und Relay aus London sind drei weitere Größen der StreetArt-Szene, die für die wbg aktiv wurden. Sie nahmen sich die zu den Mehrfamilienhäusern gehörenden Tiefgarageneinfahrten vor. Auf deren eintönigen Beton pinselten sie extravagante Farbexplosionen. So haben auch sie ihren ganz eigenen Stil verewigt, der sich durch einen typischen, futuristischen Charakter auszeichnet.Der Schriftzug "Together" - zusammen - steht im Mittelpunkt des einen Werkes, während es beim anderen "Diversity" - Vielfalt - ist.




Auf dem Weg kann man noch einige Dinge entdecken, die schon bei früheren Aktionen des AK Streetart Langwasser entstanden sind. 





Die erste Wandfläche, die im Rahmen von „Betonliebe“ gestaltet wurde, ist übrigens ein Teil der Fassade des Sportvereins Vfl Langwasser, anlässlich dessen 70. Geburtstags. Gestaltet vom Streetart-Künstler SAKE aus Nürnbergs Partnerstadt Cordoba.

Auch an einem Kindergarten wurde gemeinschaftlich gearbeitet:

Hier noch der Film zum Projekt "Betonliebe" aus 2019:

Diese Wand ist von JULIAN , einem Nürnberger ....


Mein Statement zur Sprayerei: Ich kann mit den singularen Schriften, die man oft sieht , nicht viel anfangen. Wahrscheinlich ist es so, dass da jeder seinen Style hat und das Ganze noch mit einem Tag kennzeichnet. Also eine interne Angelegenheit der Szene, bei der man ähnlich wie Hunde oder andere Tiere seine Duftmarken setzt und sich durch besondere Ausführung die Anerkennung holt, die man benötigt. Gerade beim illegalen Sprayen kommt ja noch der Abenteueraspekt hinzu. In dieser langweiligen, durchorganisierten Welt scheint man sich den Nervenkitzel und den Adrenalinschub durch besondere Actions holen zu müssen. Der Steinzeitmensch hatte das nicht nötig. Anspannung war sein tägliches Brot.

Ein Soziologe meint: Eine saubere, unberührte Wand trägt eine klare Botschaft, die von jedem, der sie passiert, entziffert werden kann: An diesem Ort ist alles unter Kontrolle. Der writer untergräbt diese Aussage. Der writer, der sich die Freiheit nimmt, seine tags an eine Fassade anzubringen, schränkt die Freiheit desjenigen ein, dem das Haus gehört – und der das Recht hat, selbst zu bestimmen, wie aussieht, was sein Eigentum ist. Jeder tag stört den sozialen Konsens und stellt ihn infrage, indem er Privatbesitz zugleich anzweifelt und zum frei verfügbaren Raum erklärt – und diesen symbolisch selbst in Besitz nimmt.

Gut gemachte Schriften, besonders in 3D und mit interessanten Farben mögen ihren Reiz haben. Wesentlich sympathischer sind mir Bildgehalte, die eine verständliche oder auch verschlüsselte Aussage haben. Und da hab ich schon einige gute Sachen fotografiert. Für mich ist es da egal, ob das Bild auf Leinwand oder Mauer vorhanden ist – Hauptsache Aussage und handwerkliches Können ist vorhanden. Eine besondere Form ist die des politischen Statements.

Manchmal sind das leider auch bloß Schmierereien wie dieses blöde ACAB

Das in Langwasser ist einfach stark !