12.09.24

Skulpturen in Ansbach 1

 In Ansbach gibt es einen Skulpturenpfad. ich hab mir einiges angesehen. Beeindruckt haben mich z.B. Werke von Jürgen Goertz.

1991 wurden aufgestellt: Lech und Malsche 

Hier finden sich zwei große Köpfe mit Durchblick des Künstlers Jürgen Goertz, die sich aus der Ferne anhimmeln. Für „Lech“ stand der Fluss Lech Pate. Schädeldecke und Stirn sind wellenartig ausgeformt, Treibgut wird zum Haar, der Hinterkopf mutiert zur Welle. Die Augen schimmern tränenverhangen, die durchbrochene Nase endet in einer Muschelspitze und taucht in die weiche Oberlippenwelle. Der Mund schlürft Flüssiges, ein Ohr hört das Geräusch des fließenden Wassers, der Sockel ist gekerbt, bildet das Flussbett für den Wasserkopf und die Gießkannenbrause besiegelt die geschlechtliche Seite des Wassermannes. 

Bei „Malsche“ strafen Proportionsverzerrungen gängige Schönheitserwartungen: wulstige Aufwerfungen und tiefe Schluchtungen stören die vertraute Massenordnung, Ohren sind nach unten verrutscht, Nasen wurden zu offenen Brücken zwischen Stirn und Lippen, Augen sind aus der Symmetrie geraten. En face fast modisch schön – im Profil desillusionierend naturfern. 

Zwischen den beiden Skulpturen unter schattigem Blätterdach ein Spielbrunnen – im Sommer bei Kindern hoch im Kurs.


1993 kam auf dem Schlossplatz hinzu: ANScavallo 

An der Plastik des 1993 aufgestellten Bronze-Pferdes von Jürgen Goertz schieden sich die Geister in der Ansbacher Bevölkerung. Es polarisierte und vermutlich dürfte das Hassen am Anfang größer gewesen sein als das Lieben, was auch viele empörte Leserbriefe in der lokalen Zeitung belegen. Inzwischen gehört “der Anscavallo” unbedingt zum Stadtbild und ist am Schlossplatz gar nicht mehr wegzudenken. 

Die lustvolle Großplastik steckt voller Anspielungen auf gesellschaftliche und künstlerische Freiheiten. Sie ist das Synonym für disziplinierte Selbstverwaltung, kritisches Selbstbewusstsein, für statische Besonnenheit und dynamischen Vorwärtsdrang. Es erlaubt sich die Extravaganz eines einzigen gedrechselten Vorderfußes, einer stolz geschwellten Brust, eines dreiäugigen Pferdekopfes und zahnradgespickter Pferdemähne. Das Hinterteil bedient sich eines barockprofilierten Doppelstandbeins, eines drallen Pferdehinterns, dem wilden und zerzausten Pferdeschwanzes aus gegossenen Rebholzhaaren und dem ungeniert organisch konstruierten Ausgangs für die Pferdeapfelproduktion. 

Zusammen mit dem Brunnen der “Ansbacchantin”, der Amazone, die beim Wein die schönen Momente des Lebens genießt und den Radelementen, die den pulsierenden Verkehr symbolisieren sowie den beiden mit Vogelskulpturen gekrönten Buswartehäuschen bildet das Ensemble einen reizvollen Kontrast zur historischen Fassade der Markgräflichen Residenz. 

2003 schließlich kam als Auftragsarbeit in anderem Stil in der Stadt hinzu: AnsBach-Säule

Seit 1947 lädt Ansbach zur Bachwoche, einem Musikfestival, bei dem Künstler von Weltrang in stimmungsvollen Sälen und großen Kirchen konzertieren. Obwohl Bach nie in Ansbach weilte, sind der große Komponist und sein Werk nicht aus der Stadt wegzudenken. 2003 wurde zu seinen Ehren ein Denkmal eingeweiht. Der Künstler Jürgen Goertz hatte die Idee des Bachmonumentes, eine Verschmelzung aus Elementen einer klassischen Kapitellsäule und eines Messkelches. Die vier Seiten des Kelches sind klar gegliedert: unverzichtbar ist ein Konterfei Bachs, umrahmt von gerundeten Notenlinien und einer Signatur. Gegenüber umrahmt ein in vier Teile zerlegtes Bildnis Bachs das B–A–C–H-Thema. Die dritte Seite zeigt eine Interpretation des „Musikalischen Opfers“ mit einem gedrehten Violinschlüssel auf einer vergoldeten Einbuchtung. Notenlinien zur Endlos-Schleife gelegt und eine Signatur Bachs vervollständigen diese Ansicht. Die vierte Seite schließlich widmet sich der Beziehung Bach und Friedrich der Große: vergrößerte Noten und ein Violinschlüssel für den Komponisten, eine spiegelnde Kugel und kleine Kugeln für den König und Kriegsherrn.


Die Fortuna von ihm (an der Promenade) habe ich nicht gesehen ...

Über das vielfältige Werk von Jürgen Goertz gibt  diese interessante Website Auskunft.
Man kann da auch über die Lebenseinstellung des Künstlers einiges erfahren ...

Die Produktionsweise sieht folgendermaßen aus: Skizze // kleines Modell // Produktion im Team




Zitat:

„Mit meiner Kunst fordere ich eine pluralistische Gesellschaft zum gedanklichen Widerspruch heraus und erwarte von ihr besonnene Toleranz und den entsprechenden Respekt vor der Leistung eines Anderen …“

Übrigens: Der Hase auf dem Tiergärtnertor Platz in Nürnberg stammt auch von ihm !


Zuerst wirkt der Hase wie der typische Feldhase, doch wer einen zweiten Blick auf die Skulptur wirft dem fällt auf, er ist um einiges makabrer als ein knuffiger Feldhase. Die Darstellung lässt den Hasen mit samt der Jungen aus einer Kiste herausbrechen, während unter der vorderen Pfote eindeutig ein menschlicher Fuß hervorragt. Wer genauer hinsieht erkennt, dass vor der dem Maul des Tieres Nägel liegen, die er sozusagen frisst. Mit der speziellen Darstellung des Hasen wollte er wohl ausdrücken, das kaum noch Leute wissen, was Dürer ursprünglich mit seiner Kunst ausdrücken wollte. Goertz kritisierte, dass der wohl berühmteste Künstler Nürnbergs verkommerzialisiert wurde. Was genau der Erschaffer der Hasenskulptur jedoch damit ausdrücken wollte hat er nie konkret beschrieben. Daher gibt es nur viele Deutungen. In der Stadt war es damals jedenfalls ein Aufschrei als der Hase 1984 aufgestellt wurde, weil es keinem gefallen hat.

Übersehen habe ich bei meinem Rundgang leider diese Stele (nicht von ihm, aber auch wichtig) :

Der schmale Grad


Die senkrechte, schlanke Stahlsäule wurde am 23. Mai 2017 enthüllt. Sie erinnert an die Menschen, die sich zur Zeit des Nationalsozialismus mit viel Mut gegen das Unrechtsregime gestemmt haben. Der tiefe Einschnitt in die Skulptur verlieh ihr ihren Namen. Er steht symbolisch für Einschnitte im Leben und für schwere Entscheidungen. Realisiert wurde die Stele durch das unermüdliche Engagement der „Bürgerbewegung für die Menschenwürde“. Sie erinnert auch an den Ansbacher Schüler Robert Limpert, der am 18. April 1945 am Rathaus erhängt wurde. Er hatte kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner Stromleitungen zerschnitten und musste, unmittelbar vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, mit seinem Leben dafür bezahlen.

Die Inschrift lautet:
Wider das Vergessen! All jenen Frauen
und Männern gewidmet, die sich zwischen
1933 und 1945 in dieser Stadt mutig dem
verbrecherischen Regime des
Nationalsozialismus widersetzten.